Frieda Jansen mochte ihren Vornamen nicht. Er kam ihr spiessig und altväterlich vor, in übelstem Wortsinne »deutsch«. Zumal sie auch sehr deutsch aussah mit ihrem dunkelblonden Haar, ihren blauen Augen und der recht hellen Haut, die selbst intensivst genossene Sonne allenfalls zu einem hellen Ockerton bringen konnte. Ihre Figur war, trotz der breiten Schultern, sehr fraulich. Ihre Brüste waren groß, mit ebenfalls großen, dunkelvioletten Brustwarzen, ihren Po empfand sie als »Pferdearsch«. Auf alten Fotos hatte sie festgestellt, daß sie sehr nach ihrer Mutter schlagen würde - als junges Mädchen hatte sie ebenso ausgesehen. Doch nach der Geburt ihrer Tochter war Friedas Mutter regelrecht zerlaufen zu einem fetten, unförmigen Etwas. »So sehe ich niemals aus !« hatte schon die Gymnasiastin Jansen beschlossen - erst recht, nachdem ihr von ihrem Deutschlehrer die Bücher Arno Schmidts zur Lektüre empfohlen worden waren, alleine des Umstandes wegen, daß ihr Name der Geburtsname einer weiblichen Hauptperson in »Das steinerne Herz« sei, was ihr Deutschlehrer als ausreichend für diese Empfehlung ansah. Und die Verbitterung des Kriegsvertriebenen, des hageren Weltverächters und hungerleidenden Künstlers, die aus den Werken Arno Schmidts für Frieda Jansen zu sprechen schien, übertrug sich durch die über Jahre anhaltende Lektüre auf die Leserin Jansen selbst - die aber wenigstens zeitweise mit ihrem Vornamen aufgrund dieses literarischen Begegnung Frieden geschlossen hatte.
|