Es muß nach 1656 zu einer gigantischen Klimaveränderung in Mitteleuropa gekommen sein, einer bis heute andauernden Nacheiszeit, im Verlauf derer sich die Jahreszeiten um bis zu drei Monate nach hinten verlagert haben. Einen Hinweis hierauf liefert uns das Kirchenlied 'Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser schönen Sommerzeit' von Paul Gerhard, in dem es an exponierter Stelle heißt:
Narcissus und die Tulipan
Die ziehen sich viel schöner an
|: Als Salomonis Seiden :|.
Wir sind es heutzutage gewohnt, daß Tulpen und Osterglocken das Frühjahr einläuten. Was muß zwischen 1656, als Gerhard dieses Lied offenbar im Eindruck von Naturbetrachtungen schrieb und etwa der Goethezeit, in der ein Faust'scher Osterspaziergang bereits den Blick auf eine ordnungsgemäße Frühlingslandschaft freigibt, vorgefallen sein? Eine massive Achsenverschiebung? Oder wird der Erde langsam ihre Kruste zu lose wie einem Diätiker seine Haut? Rutschen wir zum Äquator, ja letztlich in subantarktische Regionen herab? Fragen, die uns der längstverstorbene (Barock!) Paul Gerhard nicht mehr wird beantworten können.
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