Der Efeu dort am gotischen Palaste
verschlängelt sich zu marmornen Balkone :
sein Schattenwesen gleicht einem Spione,
den irgendwie ein Rachewunsch erfaßte.
Es ist, als ob er wachsend weitertaste,
um klar zu werden, wer das Schloß bewohne
und ob sich wirklich ein Verrat verlohne :
Er winkt ja schon mit einem freien Aste !
Nun blickt der Mond um eine hohe Ecke :
und sieh, ein Weib erscheint hinter den Scheiben,
was hält es dort so bleich an einem Flecke ?
Der Efeu muß noch viele Zweige treiben,
damit er seinen Kundschaftsweg vollstrecke :
die Dinge sterben ab, die Rätsel bleiben.
Theodor Däubler, Die Efeuranke.
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