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mcnep schrieb am 1.11. 2009 um 18:21:56 Uhr über

Ironieblindheit

Jetzt kriegt die Herta Müller auch noch irgend so eine Werfelmedaille vom Zentrum für Vertreibungen umgehängt. Reicht ja nicht, dass man ihr dies Jahr den Dynamitpreis verliehen, nein, wenn schon mal so eine Antikommunistin im Rampenlicht steht, dann wollen sich die entsprechenden Köche auf den Flammen auch ihr braunes Süppchen kochen. Ich habe vor knapp 20 Jahren die 'Niederungen' gelesen, das war schon genau das gleiche Buch wie die zehn darauffolgenden auch. Immer wieder flennt sie darüber, dass ihre SS-Familie nach 1945 gewissen Rauhigkeiten ausgesetzt war, und dann dieses geheimnisvoll flüsternde Land mit dem schweren, dampfenden Boden, Blutmuhmen und herbstende Gevatter mit Pfeife im Mund. Und dabei ist mir dann aufgefallen, dass eigentlich die meisten NobelpreisträgerInnen der letzten Jahrzehnte die Tatsache eint, dass ihr Werk, je nun, irgendwie immer dasselbe ist. Die Jelinek zetert seit 30 Jahren an einer Art unendlichem Theaterstück rum, Dario Fo hat vor 20, 30 Jahren immer das gleiche Stück gespielt, Farce mit rotem Stern, Pinter genauso, Grass ist immer nur Nacktkochen, deutscher Osten und EsPeeDee, Derek Walcott ist Ezra Pound auf Steeldrums, Nadine Gordimer ist eigentlich Doris Lessing und umgekehrt... Das sind die, die mir gerade noch namentlich einfallen aus den letzten paar Jahren, aber es gibt, denke ich, eine grundsätzliche Tendenz, dass man als Nobelpreisträger, wenn man schon nicht in einer skandinavischen oder wenigstens germanischen Sprache schreibt, auf jeden Fall eine gewisse Mittelhöhe der Sprachlust und Experimentierfreude nicht überschreiten sollte, da bei den zumeist benötigten Übersetzungen natürlich gerade solche Finessen verloren gehen. Des weiteren scheint die Dynamitpreisjury keine übertriebenen geistigen Haken schlagen zu wollen, es ist also für einen Nobelpreisaspiranten ratsam, eine gewisse Kontinuität des Werks vorzuweisen. So schnell wie möglich zur Sprache finden und die dann auch bitte beibehalten, auf dass man von einem Werk auf das andere schließen kann und nicht den ganzen Werkskorpus durchlesen muss, um ein Gesamtbild zu bekommen. Eine gewisse Humorferne ist für den Nobelpreis auch von Vorteil, denn gerade im Humorverständnis erweist sich die Kennerschaft einer Fremdsprache meist grausam genau. Die Kränkung, möglicherweise einen Witz nicht verstanden oder überlesen zu haben, verzeiht kein schwedisches Akademiemitglied. Und da sage keiner Grass zum Gegenbeweis, ich habe über geschätzte 2000 Seiten wahrscheinlich nicht ein einziges Mal lachen müssen. Die Sprache ist immer so gedrechselt, so eine lehrerhafte Bräsigkeit, wenn er souverän mit seinen immer gleichen Versatzstücken hantiert, man merkt ihm den Spaß an, den er daran hatte und hat prompt selber keinen mehr.


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