Einst, ja einst, da war er der Star. Alle wollten etwas von ihm. Texte, Bilder, was auch immer. Ja, damals, in der guten alten Zeit, als noch niemand von Hypertext und solchem neumodischen Zeug sprach. Aber dann kamm das World Wide Web, und die Anzahl der Zugriffe wurde immer seltener. Alle wollten nur noch auf diese neumodischen Webserver. Und irgendwann vergaßen selbst die Sysadmins ihn, der doch immer gute Dienste geleistet hatte. Da stand er nun in der Ecke, unbeachtet, und niemand wollte noch irgendetwas von ihm wissen. Und als ihm dann irgendwann die Platte mit den Daten kaputt ging, merkte es noch nicht einmal jemand. So stand nun also der alte Gopher-Server nutzlos herum, unfähig, die Daten zu liefern, nach denen sowieso keiner mehr fragte. Sein letztes Betriebssystem-Update lag viele Jahre zurück, aber nicht einmal Hacker nahmen von seiner Existenz Notiz. Er lief einfach sinnlos vor sich hin. Nicht einmal selbst abschalten konnte er sich, weil das die Entwickler nicht vorgesehen hatten. Ganz abgesehen davon, dass der Rechner schon so alt war, dass er noch nicht einmal APM hatte, von ACPI ganz zu schweigen. Wenn ihn doch wenigsten mal jemand ausschalten würde, dann könnte er in Frieden ruhen. Aber niemand wusste noch, welche Aufgabe der Server überhaupt hatte, und deshalb ließ man ihn laufen, man wusste ja nie. So zum Zombie-Dasein verurteilt, wurde der Server mit der Zeit immer trauriger, und irgendwann schaffte er es tatsächlich, zu weinen. Dadurch wurden seine Platinen feucht, und es gab einen Kurzschluß. Jetzt, wo er endgültig seinen Geist aufgegeben hatte, kümmerte man sich plötzlich wieder um ihn. Dank des Kurzschlusses war nämlich im gesamten Serverraum der Strom ausgefallen, und er wurde als Ursache ausgemacht. Noch lange grübelte man darüber, woher die Feuchtigkeit kam. Aber die Quelle wurde nie entdeckt. Dieses Geheimnis hatte der alte Server mit in sein Elektronikschrott-Grab genommen.
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