>Info zum Stichwort IchHöreMichAtmen | >diskutieren | >Permalink 
max mustermann schrieb am 20.7. 2009 um 15:43:45 Uhr über

IchHöreMichAtmen

von korridoren zu korridoren und von amt zu amt.
und amtskorridore waren schon immer schäbig.
die personen, die dort zu warten haben, sollen geduckt werden, nicht aufgerichtet.
es ist nicht nur das system so, das system ist ausdruck vom menschlichen zusammenleben.
die spielregeln, welche die menschlichen handlungen leiten.
es gibt auswege, auch wenn es kleine nischen sind. aber, psst, nicht zuviel darüber reden.
einfach leben und an den anderen vorbeigehen.
ich.
drinnen im system.
einen zettel, der mich berechtigt, ein bett in anspruch zu nehmen.
erst eine nacht, dann schon drei nächte.
und jetzt eine ganze woche.
eine ganze woche lang kann ich abends von sechs bis zehn uhr einchecken in die notschlafstelle, ehemaliges kindertagesheim.
am empfangsschalter nenne ich meinen namen und werde von der liste abgehakt.
wollte ich einmal die nacht woanders verbringen, muß ich mich vorher entschuldigen, so wird das genannt.
sonst verliere ich das bett und die nachfrage ist groß.
immerhin, sonst gibt es die unterste kategorie, das letzte, wo ich auf dem harten steinboden liegen kann, bis zu achtzig und mehr personen in einem raum. oder auf einem der tische, weil am boden nicht genug platz ist. wenn ich mich rechtzeitig anstelle bekomme ich eine isoliermatte als unterlage.
aber das habe ich schon hinter mir.
unbegreiflich für mich, daß es menschen gibt, die dort praktisch leben seit monaten, manche schon jahre.
aber es ist wenigstens nicht so schlimm wie psychiatrische einrichtungen für dauerpatientInnen.
dafür ist die notschlafstelle jetzt da ein reines männerheim.
tja, so ist es auch, richtig männlich lässig.
im aufenthaltsbereich, ein korridor, der um die ecke geht, sind gleich zwei fernseher, die allgegenwärtigen fernseher, aufgestellt, damit auch um die ecke gesehen werden kann.
wenn fußball ist, läuft fußball.
mich nervt fernsehen, bunte bilder mit action und ja nicht denken müssen, so simpel sind die storys gestrickt.und fußball nervt mich besonders.
in dieser notschlafstelle darf alkohol konsumiert werden.
interessiert mich auch nicht.
wenn man den leuten da zuhört, ist es allen mal gut gegangen und es war immer eine frau schuld, ja.
also die frauen sind alle arschlöcher, wie von vielen frauen zu hören ist, daß die männer alle arschlöcher sind. oder waren.
ja, wo ich schon wieder beim thema arsch wäre.
es ist nämlich alles im arsch.
abendessen kann bei einem betreuer, einer betreuerin verlangt werden. es gibt dosenfisch, fleischaufstriche in dosen, käseecken.
und brot natürlich, das brot der armen.
ist eh gut. ich esse, was ich kriegen kann.
alle meine rippen waren gebrochen, sonst noch eine menge knochen. mein körper braucht substanz, auch wenn es das zeug ist, das ich sonst nicht mal anschauen täte.
mit den leuten da will ich mich garnicht einlassen.
alle diese blöden witze kenne ich schon so lange in und auswendig.
immer dieselbe leier.
ich stehe da mit dem pappteller, brote drauf und eben dosenfisch und zwei käseecken, eine plastikgabel.
kein sessel ist frei, auf einem hängt eine tasche aber es sitzt niemand drauf.
ich frage, ob ich mich da niedersetzen kann , zum essen.
es kommt einer und sagt, ja, für zwanzig minuten geht es, er sitzt eigentlich da.
der typ ist voll angeknallt, mit dem weißen schaum vor den lippen von ein wenig übersediert.
kaum sitze ich auf dem sessel, ist er wieder da und meint, ob ich sein handy eingesteckt hätte, da auf der sessellehne ist es gelegen.
mann, ich bin gleich auf hundertachtzig. am liebsten hätte ich ihm meinen essteller in die fresse gestopft, da könnte er sein handy haben. aber immer korrekt.
er, schau in deine taschen, ich, nein, ich schau nicht in meine taschen weil ich hab kein scheißhandy einstecken und gehn wir gleich zum sozialarbeiter.
nur lauter geredet, nicht mal aufgestanden oder irgendwas machen was ihm angst machen könnte, vielleicht fällt er vor schreck um und tut sich weh.
klarerweise hat sich das handy dann irgendwo gefunden, nachdem ein sozialarbeiter es angeläutet hat.
dann wollte er sich entschuldigen, daß er mich beschuldigt hat und bla.
ich hab die type nur mehr ignoriert.
ein wort wäre schon zuviel an anerkennung.
schlußendlich schnorrt mir so eine type dann eine zigarette und labert mich mit seinem schwachsinn voll und ich krieg ihn nicht mehr los.
ich habe keine freunde da und ich brauch keine freunde.


   User-Bewertung: /
Die Verwendung von Gross/Kleinschreibung erleichtert das Lesen!

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »IchHöreMichAtmen«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »IchHöreMichAtmen« | Hilfe | Startseite 
0.0117 (0.0032, 0.0071) sek. –– 854077116