"15. Februar 1926
... Bamberg. Sofort in eine Versammlung. Man empfängt mich mit Jubel. Ich muß reden. Alles lauscht wie in einer Kirche. In der Frühe hole ich Strasser ab. Er ist guten Muts. Schlachtplan entworfen. Mit Rust und Vahlen. Dann durch Bamberg. Entzückende Stadt. Alt, jesuitisch. Hitler rast im Auto vorbei. Ein Händedruck. Aha! Schlange-Berlin, Streicher, Esser, Feder. Dann an die Arbeit. Hitler redet. 2 Stunden. Ich bin wie geschlagen. Welch ein Hitler? Ein Reaktionär? Fabelhaft ungeschickt und unsicher. Russische Frage: vollkommen daneben. Italien und England naturgegebene Bundesgenossen. Grauenhaft! Unsere Aufgabe ist die Zertrümmerung des Bolschewismus. Bolschewismus ist jüdische Mache! Wir müssen Rußland beerben! 180 Millionen!!! Fürstenabfindung! Recht muß Recht bleiben. Auch den Fürsten. Frage des Privateigentums nicht erschüttern!(sic!) Grauenvoll! Programm genügt! Zufrieden damit. Feder nickt. Ley nickt. Streicher nickt. Esser nickt. Es tut mir in der Seele weh, wenn ich Dich in der Gesellschaft seh!!! Kurze Diskussion. Strasser spricht. Stockend, zitternd, ungeschickt, der gute ehrliche Strasser, ach Gott, wie wenig sind wir diesen Schweinen da unten gewachsen! Eine halbe Stunde Diskussion nach einer viestündigen Rede! Unsinn, du siegst! Ich kann kein Wort sagen! Ich bin wie vor den Kopf geschlagen. Mit dem Auto zur Bahn...
Eine grauenvolle Nacht! Wohl eine der größten Enttäuschungen meines Lebens. Ich glaube nicht mehr restlos an Hitler. Das ist das Furchtbare: mir ist der innere Halt genommen. Ich bin nur noch halb. Grau dämmert der Morgen herauf. Elberfeld. Einige Stunden Schlaf. Kaufmann. Ich möchte ihn umarmen. Wir reden uns aus. Schmitz und Toni dazu! Das Resultat: wir sind Sozialisten. Wir wollen es nicht umsonst gewesen sein! Telegramm von Lohse, Strasser, Vahlen. Keine Übereilung. Vorschlag: Kaufmann, Strasser und ich gehen zu Hitler, um eindringlichst mit ihm zu reden. Er darf sich von den Lumpen unten nicht binden lassen. Morgen also wieder auf die Bahn. Hinaus in den Streit. Ich verzweifle! Schlaf! Schlaf! Schlaf!!!"
Dr. Joseph Goebbels
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