Und im Pflegeheim, da haben sie mir so eine Sozialbetreuerin zugewiesen. Hat studiert, irgendwas soziales. Soll sich um mich kümmern. Ich habe gesagt ich brauche das nicht. Ich will meine Ruhe haben. Die Medikamente, die die mir geben schmeiße ich heimlich weg. Antidepressiva und Stimmungsaufheller. Drogen der Pharmaindustrie. Was wollen die eigentlich von mir? Ich habe alles gehabt im Leben, was man haben kann. Nach dem Krieg waren wir arm, aber noch jung. Wir wollten was erreichen im Leben. Ja so wie diese Sozialtante heute mit ihrem Studium. So wie die von sozialdemokratischen und grünen Pädagogen erzogen worden ist, hatten auch wir unsere Prägung erhalten. Die Religion war auch bei uns noch wichtig, aber dann kam irgendwann dieses sexuelle Revolution und die Hippies und so. Wir näherten uns während dieser Zeit schon langsam den Wechseljahren. Aber wir genossen den Wohlstand, das kann man sagen. Wir verdienten gut und hatten ausgesorgt. Unsere Kinder wurden erwachsen. Auch sie wollten sich ausdrücken, sich beteiligen was erreichen und leben. Das ist nun mal so. Sie fanden unseren Lebensstil spießig. Teilten unseren Geschmack nicht. Sie wollten ihr eigenes Leben mit ihren eigenen Vorstellungen leben. Wir ließen sie, obwohl wir auch viel stritten. Aus heutiger Sicht natürlich über Banaliäten wie Mode und Vorstellungen von der Familie. Aber wir ließen sie machen. Ließen sie ihren Weg gehen. Wir zogen uns irgendwann aus dem Berufseleben zurück. In der Arbeitswelt hielten Computer Einzug. Unsere Berufe verschwanden. Man brauchte unser Wissen nicht mehr. Man wollte uns aber als Konsumenten noch für ein paar Jahrzehnte. Die Rente ist gut, ja nach wie vor, auch wenn jetzt fast alles für Pfelgekosten und Heimunterbringung draufgeht. Anfangs reitsen wir noch während unserer ersten Rentnerjahre. Länder, die wir immer mal sehen wollten. Sogar eine Reise nach Indien machten wir. Damals mit 75. Da konnte ich noch laufen. Gesundheitlich ging es immer ganz gut eigentlich. Wir achteten auch auf unsere Ernährung. Wenig Alkohol, machchmal ein Bier oder Glas Wein. Das Rauchen gab ich 1965 auf. Jetzt wo der geistige und körperliche Verfall da ist, denkt man an alles zurück. Man klammert sich an Erinnerungsfetzen. Dinge die sehr lange zurückliegen. Die Sozialtante interessiert das nicht. Die hat ihr eigenes Leben. Und die Kinder auch. Denen ist das zu anstrengend. Die sind froh, dass es das Heim gibt mit den gut ausgebildeten Sozialbetreuern. Altersdepression, wer will sich auch damit auseinandersetzen. Es sei denn, man kann damit geld verdienen. Mit der Phamaindustrie, der Caritas, dem Staat und was weiß ich noch mit wem alles. Geld und Macht ist doch das einzige was zählt im Leben.
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