Der deutschen Frauen unwiderstehlicher Reiz [...] besteht – und zwar hauptsächlich – in jenen Reizen der Seele und des Geistes, die man nur ahnt und fühlt und nennt, ohne sie expliciren zu können: ihre Zahl ist so reichhaltig, so unermeßlich, wie das deutsche Gemüth; sie heißen Anmuth, Bescheidenheit, Sanftmuth, Ergebung, Milde, Frohsinn, Hingebung, Huld, Innigkeit, Treue, Naivetät, Humor, Herzlichkeit, Unbefangenheit, und hundert andere mehr. Diese blühen, entzücken und fesseln, wenn die vergänglichen Reize der Form längst verwelkt sind. Das Absterben und Verwelken der Letzteren kann keine kosmetische Kunst, kein Zaubertrank, kein orientalischer Nektar aufhalten –; aber jene erhält sich die jungfräuliche, tugendhafte Seele für das ganze Erdenleben. Sie gehören der Psyche, die sie, aus der Raupenhülle entfesselt, als Schmetterling wie ein unzerstörbares Erbe emporträgt.
Damen Conversations Lexikon, Band 8. 1837, S. 388
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