Dabei muß ich an meine Schwiegermutter denken, die in gebrechlicher Konstitution, doch intakten Verstandes vor einigen Jahren im Hochsommer in ein Pflegeheim eingeliefert wurde - auf ihren Wunsch hin, wie ich betonen möchte - und nach gut einer Woche plötzlich massiv zu spinnen anfing. Sie sah kleine schwarze Mädchen auf der Gardinenstange, und vor dem Fenster wurde eine Herde Kühe vorbeigetrieben. Es war ziemlich bald klar, daß dies auf eine Dehydrierung zurückzuführen war, aber trotz unserer täglichen stundenlangen Besuche (das Heim war keine 5 Fußminuten von der Wohnung), unserer Nötigung, nochmal und nochmal zu trinken, schließlich Infusionen, sie ließ immer weniger an sich ran, fragte mich einmal, ich hab es noch im Ohr: »Warum dauert das so lange mit dem Sterben?«, und war nach vier Wochen unter der Erde. Einen Tag zuvor begann mein vierwöchiger Ausflug in die Psychiatrie, exakt ein Jahr, nachdem mein Vater an einem ähnlich heißen Tag ins Koma gefallen und vier Tage später von den Maschinen genommen worden war. Nur die Kochsalzinfusionen haben sie ihm bis zuletzt gegeben, man kann einen Menschen nicht verdursten lassen. Ich bin jedes jahr froh, wenn der Hochsommer vorbei ist.
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