Historik

Die Historik hat einen großen Vorzug gegenüber der Betrachtung der Gegenwart: ihr Blick auf das Geschehen wird nur noch wenig getrübt durch die Notwendigkeit der Rücksichtnahme auf bestehende Macht- und Herrschaftsverhältnisse, persönliche Empfindlichkeiten und Betroffenheiten. Aus diesem Grunde wird die Historik immer schwächer, immer weniger aussagekräftig, je näher das untersuchte Objekt an die Gegenwart heranrückt. Grob formuliert kann sich die Historik mit dem ernsthaften Anspruch auf wissenschaftliche Objektivität einem Geschehen frühestens dann annehmen, wenn der letzte Zeitgenosse dieses Geschehens verstorben ist, also nach 90-100 Jahren. Wagt sie sich indessen an jüngere Geschehnisse heran, um so näher rückt sie an die Politikwissenschaft, die stets hagiographisch geprägt ist, den aktuellen Mächten nicht allzu gewaltig auf die Hühneraugen zu treten wagen kann.