Thomas Hettche über NOX
Die Novembernacht, als in Berlin 1989 die Grenze geöffnet wurde, besteht als kollektives Ereignis aus jenen immergleichen Bildern, die seitdem stereotyp wiederholt werden. Als ich bemerkte, daß sich die Bilder meiner eigenen Erfahrung von denen der medialen Wirklichkeit unentschieden, begann die Arbeit an NOX. Ich wollte von der sichtbaren Angst in den Gesten der Freude erzählen, von der Ziellosigkeit im Taumel, der sexuellen Gier in der Verbrüderung, und davon, wie mein eigenes Erleben sich mit der Faktizität von Geschichte verschränkt. Mit jener Nacht hatte meine Jugend in der BRD geendet. Entstanden ist ein Text, der folgerichtig mit meinem Tod beginnt und der Verwandlung von Börsenständen, Polizeinachrichten, Wetterberichten, realen Geschehnissen und Personen in eine Erzählung vom Körper dieser Stadt.
NOX. Roman. Frankfurt/Main: Suhrkamp 1995.
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