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Charch schrieb am 17.10. 2001 um 19:46:52 Uhr über

Herrscher

Die Adelshierarchie


Die Anfänge des Adels
Das Wort Bauer wird in den frühmittelalterlichen Quellen nur ganz selten gebraucht, obwohl doch ohne jeden Zweifel die meisten Menschen landwirtschaftlich produziert haben. Wenn die Quellen soziale Unterscheidungen machen, reden sie nicht von agricolae oder rustici, nicht von Bauern, sondern von liberi und servi, von Freien und Unfreien. Sklaverei gibt es im frühen Mittelalter ebenso wie in der späten Antike.
Unter den frühmittelalterlichen Freien hat es eine herausgehobene Gruppe gegeben. Schon »Tacitus« spricht in seiner »Germania« davon, daß die Germanen nobiles, Adlige haben. Mit diesen erwähnten nobilis sind Mächtige gemeint, das hohe Ansehen beruht auf großen Besitz, der von Abhängigen und Unfreien bewirtschaftet wurde.
In der Zeit der Völkerwanderung ist die Macht der mächtigsten dieser nobilis, der politischen Führer der Stämme, der principes, wie die Quellen sie nennen, offensichtlich gewachsen, mit der Folge einer breiteren sozialen Mobilisierung. Die Nähe zu diesen principes verhalf zu Macht und Ansehen, konnte sozialen Aufstieg, auch aus der Unfreiheit, zur Folge haben, während umgekehrt sozial abstieg, wer aus der Nähe der principes verschwand oder verdrängt wurde.
Einen adligen Geburtsstand hat es im frühen Mittelalter nicht gegeben. Es gab adlige Familiengemeinschaften von je unterschiedlichen und schnell veränderlichen Rang. Diese Familienverbände ordneten sich nicht an der Sohnesfolge, sie orientierten sich vielmehr immer wieder neu, je nach den politischen Gegebenheiten.
Die strukturelle Unfestigkeit wird verstärkt durch die Unfestigkeit der politischen Machtverhältnisse während der Völkerwanderung.
Die Errichtung der Königsherrschaft im Frankenreich durch die Merowinger und deren Machtexpansion über die fränkischen Grenzen hinaus haben gewaltige Umschichtungen zur Folge. Kriegerische Unterwerfung des eigenen Volkes und anderer Völker heißt in dieser Zeit oft genug Ausrottung der bisherigen Führungsschicht und den Aufstieg neuer Personengruppen, welche die Güter der bisherigen Adligen übernahmen. Die neu Aufgestiegenen aber hatten allen Anlaß, ihre neue Position durch die Erinnerung an einen vornehmen Ahnherrn zu legitimieren. Große Leute von Herkunft her, so werden die Angehörigen der Führungsschicht immer wieder in den Quellen genannt. Es entsprach der damaligen Vorstellung, daß Mitglieder der Führungsschicht mächtige Vorfahren haben mußten die ebenfalls dieser Schicht angehörten.
Der frühmittelalterliche Adlige lebte auf befestigten Höfen deren Zusammensetzung und Besitz instabil blieb.
Die Adligen begannen nun ihren Besitz und ihre Macht über Generationen hinweg kontinuierlich festzuhalten und auszubauen. Die Voraussetzung hierfür hängt mit einem umfassenden Wandel der Gesellschaft zusammen: mit einer veränderten, intensivierten Wirtschaftsweise und mit neuen Herrschaftsformen.
In der frühmittelalterlichen Landwirtschaft dominiert die Viehzucht, bei der Bodenbebauung werden die Flächen nur wenige Jahre genutzt, bis die Tragkraft des Bodens erschöpft ist. Dann werden durch Brandrodungen neue Flächen in Betrieb genommen. Es ist genug Land vorhanden. Die Bevölkerungsschicht ist dünn.
Es findet jedoch schon im frühen Mittelalter ein Wandel statt. Der Anteil des Ackerbaus an der landwirtschaftlichen Produktion wächst, und die Bodennutzung wird intensiver, vor allem dadurch, daß man an Stelle des leichten, den Boden nur ritzenden Hakenpfluges schwerere, schollenbrechende Pflüge zu benutzen lernt.
Die intensivere Bodenbearbeitung aber hat einen erhöhten Zeitaufwand zur Folge, so daß der Ackerbauer nun weniger für andere Aufgaben zur Verfügung steht. Und das heißt, es wurde schwieriger für ihn, Kriegsdienst zu leisten.
Der Kriegsdienst aber gehörte zu den Rechten und Pflichten der Freien. Dazu kam, daß die Kriege unter Karl dem Großen anspruchsvoller wurden. Die Kriege dauerten länger und erstreckten sich über sehr viel weitere Räume als die kurzfristigen Beutezüge in der Nachbarschaft, wie sie bisher die Regel gewesen waren. Anstrengender wurden der Kriegsdienst vor allem deshalb, weil er seit dem 8. Jh. in wachsenden Maße zu Pferde geleistet wurde, weil also ein zunehmender Teil von Kriegern noch die Kosten für das Kriegspferd aufzubringen hatten.
Ein Teil der Freien hat sich den veränderten Anforderungen dadurch entzogen, daß er seinen Rechtsstatus aufgab und sich einem Herrn unterstellte, einem Adligen oder auch einer Kirche: einem Bischof oder einem Kloster. Er erhielt von seinem neuen Herrn seinen Besitz zur Bewirtschaftung zurück und mußte ihm Abgaben und Dienste leisten. Aus dem Freien wurde dadurch kein Unfreier, kein Rechtloser also, sondern eine Person mit eingeschränkten Rechtsstatus, ein Höriger.
Die rechtliche, soziale und wirtschaftliche Ordnung, in welcher diese Bauern lebten wird als Grundherrschaft bezeichnet.
Der Grundherr übernahm Funktionen, die man heute als staatliche Funktionen bezeichnen würde. Der Grundherr sorgt für Frieden in seiner Grundherrschaft, d.h. er sorgt für den geregelten Ausgleich von Konflikten unter den von ihm Abhängigen, er ist ihr Richter, er sorgt für Schutz vor auswärtigen Angriffen, er führt die Waffen. Grundherrschaft ist ein Bezirk, in welchem der Herrscher, König oder Herzog, keine Gewalt ausübt, ein Bereich, in welchem die herrschaftlichen Funktionen vom Grundherrn wahrgenommen werden, der deshalb auch die entsprechenden Abgaben und Dienstleistungen empfängt.

Fürstlicher Adel
Seit dem 11Jh. ändert sich die Struktur der Adligen. Man sieht es schon daran, daß nun Familiennamen aufkommen, während sie vorher nur einen Namen führten.
Im 12. und 13. Jahrhundert wird dann von Dynastien gesprochen, von den Königen, die nun nicht nur Konrad heißen und Friedrich, sondern die dazu den Zunahmen »von Staufen« führen, ebenso wie andere den Zunahmen »von Leiningen«, »von Berg« oder von Anhalt führen.
Die adligen Familien, wie sie seit dem 11. Jh. in fester, durch die Sohnesfolge strukturierter, d.h. agnatischer Form existieren, können großen oder kleinen Besitz, viel Macht oder wenig Macht haben. Es kann sich bei ihnen um mächtige Fürstenfamilien handeln oder um kleinere Familien des »Ortsadels«.
Die Quellen heben die mächtigen Familien mit eigenen Bezeichnungen aus der Masse des Adels heraus. Sie sprechen von principes oder von magnates. Die deutsche Entsprechung von princeps ist Fürst, es bezeichnet aber keine klar abgegrenzte Gruppe. Man kann daher im 11. und 12. Jh. besser ebenso unbestimmt wie die Quellen von den Großen sprechen.
Die einzelnen Adligen, die dazu gerechnet werden, haben zwar meistens einen bestimmten Titel. Sie nennen sich dux (Herzog), marchio (Markgraf) oder comes (Graf). Diese Titel bezeichnen ursprünglich Herrschaftsämter. Ein Herzog ist der königsgleiche politische Führer eines Stammes, der Graf ist der Vertreter des Königs in einem Amtsbezirk, der Markgraf vertritt den König mit besonderen Vollmachten in einer Grenzregion. Aber diese Titel sind noch in karolingischer Zeit zusammen mit den dazugehörigen Machtbefugnissen und Besitztümer erblich geworden.

Wer im 10. Jh. mächtig wurde, dürfte einen Grafentitel einfach angenommen, also
usurpiert haben, während ein anderer darauf verzichtet und dennoch zu den principes gehört.
Ob einer zu den Großen zählte, das erwies sich daran, daß er den König mitwählte und von den anderen Großen zur Wahl zugelassen wurde. Diese Großen konnten beanspruchen vom König im Rat gehört zu werden. Im Falle von Reichskriegen waren sie verpflichtet dem König mit ihren Kontingenten zu unterstützen.

Bis zum hohen Mittelalter hat sich also ein adliger Geburtsstand herausgebildet. Es ist nun eine eindeutig von anderen abgegrenzte, in sich homogene, in festen
Familienverbänden organisierte Schicht, in welcher Besitz sowie eine soziale und
rechtliche Vorrangstellung vererbt werden.

Territorialadel
Zum Territorialadel und damit zur überwiegenden Mehrheit des Adels gehören zunächst jene Familien, die sich ebenfalls im 11. und 12. Jh. als adlige Dynastien konstituiert haben, die aber nicht zu den Reichsfürsten zählen.
In der Mehrzahl wird der Territorialadel jedoch von solchen Familien gebildet, die erst im hohen Mittelalter aus der Unfreiheit aufgestiegen sind, die Ministerialen.
Solche Aufstiegsvorgänge gibt es in allen mittelalterlichen Jahrhunderten, meistens so, daß die Ausübung qualifizierter Funktionen in der Umgebung eines Mächtigen zum Motor des Aufstiegs wird.
Ministerialen sind unfreie Diener aber in gehobenen Positionen. Sie haben Hofämter inne, sie verwalten die fürstlichen Einnahmen, sie leisten Kriegsdienst.
Wenn ein Bischof oder Reichsabt sein Kontingent zum Reichsheer schickt, dann sendet er Ministerialen. Wenn er sei Territorium sichern will, dann baut er Burgen und besetzt sie wiederum mit Ministerialen.
Solche militärischen Aufgaben, aber auch die genannten administrativen Funktionen können auch von Adligen versehen werden, die als Gegenleistung Land und Leute als Lehen erhalten. Auch die landesfürstliche Burg kann als Lehen ausgegeben werden.
Wenn nun im 11. und 12. Jh., die Schicht der unfreien Ministerialen rasch wächst, dann ist das sicherlich als Versuch zu verstehen, das erblich gewordene Lehnswesen durch ein für den Herren besseres Rechtssystem zu ersetzen. Vor allem aber muß man die wirtschaftlichen Wandlungen der Zeit als Ursache hinzunehmen. Europa ist seit dem 11. Jh. in einem Prozeß raschen Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum begriffen und damit wächst die Aufgabe der administrativen Aufgaben, vor allem in den jetzt in großer Zahl gegründeten Städten.
Diese Aufgaben werden vor allem von Ministerialen wahrgenommen, von Unfreien, die verkauft und verschenkt werden konnten, die aber dennoch Funktionen inne hatten, die auch von adligen Lehnsleuten wahrgenommen wurden.
Die Grenze zwischen Ministerialität und Adel wird durchlässig auch dadurch, daß Adlige ihren Vorteil darin sehen, in die Ministerialität überzutreten, sich also in die Unfreiheit begeben.
Den Ministerialen dagegen gelingt es sich den rechtlichen Status der Adligen zu nähern und sie bekommen nun nach dem Amts- und Dienstlehen auch echte Lehen.
Eine weitere Ursache der Annäherung zwischen Adel und Ministerialität ist ein Kulturwandel, ist die Entstehung einer neuen kulturellen und sozialen Norm, nämlich das Rittertum. Adlige wie Ministeriale unterwerfen sich den Ansprüchen des Rittertums und fördern deshalb die Angleichung beider Gruppen.

Die Lehnspyramide nach dem Sachsenspiegel



Der König oder Kaiser

Bischöfe:

Vasallen: = freie Gefolgsleute.

Herzöge (dux) Fürsten

Grafen: (comes) Pfalzgrafen Burggrafen Markgrafen


Ritter:

Freiherren (frz. Baron)


Ministerialen (unfreie Dienstmannen)
mit einem Amts oder Dienstlehen.














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