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Marlon schrieb am 30.10. 2006 um 15:33:08 Uhr über

Herrenstrumpfhose

Wo ist denn das Problem, wenn Männer Strumpfhosen tragen?

Wie bei den Meisten, hatte auch ich den ersten Kontakt mit einer Strumpfhose als kleiner Junge. Ich stamme aus den Fünfzigern und hatte, sobald die Tage kühler wurden, noch mit langen Strümpfen und Leibchen zu kämpfen, die, wie wohl jeder weiß, alles andere als bequem waren. Sie wurden auch unter kurzen Hosen getragen; denn lange Hosen hatte man für Kinder nur selten. Sie wurden mit einer Art Knöpfen an Strumpfhaltern, die mit dem Leibchen verbunden waren, befestigt. Das Material dieser Strümpfe war, vor allem wenn sie frisch gewaschen waren, knüppelhart. Die Befestigungsknöpfe drückten beim Sitzen und auch beim Spielen; und zugegebener Weise waren sie, da man ja nichts darüber trug, außer einer kurzen, und später natürlich auch einer langen Hose, im Winter, an den Beinen auch nicht gerade warm.

Als ich in die Schule kam habe ich mich energisch, und auch mit Erfolg, dagegen gewehrt. Strumpfhosen kannte ich allerdings noch nicht. Erst im Winter des ersten Schuljahres lernte ich beim Sport Strumpfhosen kennen. Die Kinder der etwas betuchteren Eltern hatten schon welche. Jedoch war ich in dem Glauben, dass sie vom Material her genauso hart und kratzig sein müssten wie diese widerlichen langen Strümpfe; denn schließlich sahen sie, bis auf die Farben, fast genauso aus. Die langen Strümpfe gab es nur in beige bis dunkelbraun. Die Strumpfhosen, die ich gesehen hatte, waren, soweit ich mich erinnern kann, in dunkelblau, grün, rot, grau, hellblau und bei den Mädchen manchmal auch rosa oder weiß. Die knalligen Farben kamen erst später auf.

Aber irgendwie waren mir die schlodderigen langen Unterhosen, die nach kurzer Tragezeit schon an den Knien ausbeulten und die regelmäßig aus den Socken rutschten, fast ebenso zu wider.

Eines Tages, ich war schon acht, da kam meine Mutter mit einer dunkelblauen Kinderstrumpfhose an, die sie von einer Nachbarin, die eine Tochter hatte, für mich geschenkt bekommen hatte.

Ich habe mich zunächst sehr dagegen gewehrt so etwas anzuziehen, da auch mein 3 Jahre älterer Bruder sogleich auf »Mädchenklamotten« anspielte, aber meine Mutter bestand darauf, und diesmal hatte sie sich durchgesetzt.

Ich glaube ich habe Schnott und Wasser geheult. Es half ja eh nichts, lange Unterhosen wollte ich nicht, also bestand sie darauf, dass ich die Strumpfhose anziehe.

Am nächsten Morgen war es dann soweit. Unter dem Schmunzeln meines Bruders, mit dem ich mir ein Zimmer teilen musste, zog ich meine Strumpfhose an. Schnell zog ich meine Hose darüber, um nicht weiter seinen spöttischen Blicken ausgesetzt zu sein.

Aber, siehe da, es war ganz anders, es fühlte sich sehr gut an, was ich da auf meiner Haut trug. Es war weich und anschmiegsam, kratzte überhaupt nicht und saß perfekt. Wir gingen zum Rodeln und ich sprach kein Wort mit meinem Bruder. Am Abend hat er sich dann auch entschuldigt, dafür das er mich verspottet hatte. Ich hatte schon gar nicht mehr an die Strumpfhose, die ich an hatte, gedacht; denn man konnte sie kaum spüren. Nur wenn der Wind in die Kleidung pfiff, bemerkte man, dass er nicht bis zum Körper durchkam.

Meine Strumpfhose hätte ich von da an am liebsten jeden Tag getragen, aber sie musste ja auch gewaschen werden. Wir hatten aber nicht sehr viel Geld und so waren wir oft darauf angewiesen, Sachen, die andere abgelegt hatten, nachzutragen. Wenn mir jemand noch die eine oder andere Strumpfhose mitgebracht hätte, wäre ich sehr glücklich gewesen. Sie hätte auch pink oder lila sein dürfen, es wäre mir egal gewesen.

Damals war ich an den Nachmittagen oft bei einer Klassenkameradin zu Besuch, wir machten häufig zusammen die Hausaufgaben und gingen anschließend draußen spielen. Einmal waren wir beim Spielen sehr nass geworden und mussten unsere Sachen ausziehen. Ganz selbstverständlich bekam auch ich von ihrer Mutter andere Wäsche hingelegt. Natürlich keine Mädchenkleidung, denn da war ja auch noch ein 2 Jahre älterer Bruder, aber eine Strumpfhose war selbstverständlich auch dabei. Als ihre Mutter mir sagte: »die passt Jürgen sowieso nicht mehr, die kannst du behalten«, war ich sehr glücklich endlich eine zweite Strumpfhose zu besitzen. Sie war zwar farblich nicht unbedingt mein Geschmack, denn sie war weinrot, aber es war mir egal. Immerhin war Jürgen schon 13 Jahre, und wenn er sie anziehen konnte, dann konnte ich es auch. Leider hat sich mein Wunsch, öfter eine abgelegte Strumpfhose von ihm zu erben, nicht erfüllt, denn sie gingen wohl meist an seine Schwester. Von meinem Bruder hätte ich nie eine nachtragen können; denn er hatte, seit er damals die langen Strümpfe abgelegt hatte, nie wieder so etwas oder ähnliches angezogen.

Er läuft heute noch im Winter in diesen schlodderigen langen Unterhosen herum und nörgelt immer über den schlechten Sitz, dass sie aus den Socken rutschen, dass sie ständig ausgebeult sind und nicht gerade einen ästhetischen Anblick vermitteln. Aber eine Strumpfhose würde er aus lauter »Männlichkeit« auch im kältesten Winter verschmähen.

Jetzt hatte ich wenigstens zwei und brauchte während der Wäsche nicht darauf zu verzichten und glücklicherweise trockneten sie nach dem Waschen sehr schnell, so dass man eigentlich immer eine zur Verfügung hatte.

So ungefähr alle 2 Jahre bekam ich auch mal eine neue Strumpfhose von meiner Mutter gekauft.

Ich glaube so bis ich vierzehn war, habe ich außer Strumpfhosen, im Winter keine andere lange Wäsche mehr getragen. Es war auch ganz normal in unserem Jahrgang, dass man im Winter Strumpfhosen trug. Einige aus unserer Klasse trugen sie noch im neunten Schuljahr. Ich glaube nicht, dass mal ein Mitschüler darüber gelacht hat.

So etwa zwei Jahre habe ich dann im Winter gefroren, weil es sich für einen Jungen in dem Alter ja nicht schickte lange Unterhosen oder sogar Strumpfhosen zu tragen.

Als ich 16 war, sah ich bei Karstadt die erste Herrenstrumpfhose. Sie war dunkelblau und kostete 15,00 DM. Natürlich habe ich sie mir sofort gekauft. Das Bewusstsein, wie angenehm die Winter in den Kindertagen waren, kam wieder durch. Im darauf folgenden Monat kaufte ich noch eine Rote dazu, der Eingriff war damals noch mit einem Reißverschluss an der vorderen Mittelnaht.

Richtig schätzen gelernt habe ich dieses Kleidungsstück allerdings während meiner Lehrzeit. Ich hatte damals ein Mofa, auf dem es während der kalten Tage ohne Strumpfhose gar nicht gegangen wäre. Meist schon so ab Mitte September zog ich, wenn auch nur für den Hinweg, häufig eine Strumpfhose drunter. Ich hatte ja einen Spind und konnte mich vor Aufnahme der Tätigkeit umziehen. Natürlich wurde ich von einigen Mitarbeitern spöttisch beäugt, als ich mich das erste mal umzog, aber der Kommentar des Werkstattleiters:“ lasst den Jungen nur, der ist wenigstens vernünftig und muss nicht drei mal im Jahr aus lauter Eitelkeit krank feiern" machte mir wieder Mut. Wenn es dann draußen richtig eisig wurde, behielt ich meine Strumpfhose natürlich den ganzen Tag an. Später, zum Frühjahr, manchmal sogar bis Mitte Mai, blieb es dann wieder nur beim Hinweg. Tagsüber wurde es dann oft so warm, dass ich sie für den Rückweg nicht anzuziehen brauchte.

Manchmal holte ich mir die Strumpfhosen aus Versandhäusern, weil man beim Kauf einer solchen im Geschäft ja doch immer wieder seltsam angesehen wurde. Heute ist es mir egal; wenn sich jemand dabei etwas denkt, hat er es wohl nötig.

Vor allem gab es in den Versandhäusern auch die Kindergröße 176, die mir hervorragend passte und wesentlich billiger war als eine Herrenstrumpfhose.

Meine Freundinnen, die ich in all den Jahren hatte, haben eigentlich nie etwas dazu gesagt, für sie waren es ganz normal. Wenn es überhaupt jemandem auffällig erschien, waren es meist Jungen, die in etwa meinem Alter entsprachen.

Auch wenn ich im Winter mal zum Schwimmbad oder zur Sauna fuhr habe ich nicht auf das Tragen einer Strumpfhose verzichtet. Beim ersten mal wurde man meist noch kritisch betrachtet und so nach 2-3 mal traute sich auch schon der ein oder andere, der auch regelmäßig kam, es auch mal auszuprobieren. Ich glaube eigentlich, dass dieses Kleidungsstück bei sehr vielen Männern beliebt ist und man sich der Vorzüge wohl bewusst ist, jedoch besteht immer noch eine gewisse Scheu, irgendwie als Sonderling zu gelten.

Später kam ich zur Bundeswehr, und da ich am Standort eine eigene Wohnung hatte, trug ich auch dort unter der Uniform, während der kalten Jahreszeit meine Strumpfhosen. Als Unteroffizier habe ich dann bei so manchem Spindappell hier und da auch eine Herrenstrumpfhose, natürlich dezent versteckt, gefunden. Ich habe aber nie einen Kameraden darauf angesprochen, wahrscheinlich hätten die anderen ihn gleich aufs Korn genommen.

Zuhause bin ich Wintertags fast immer nur in Sweatshirt und Strumpfhose herumgelaufen. Es ist halt sehr bequem, da drückt und zwickt nichts und man ist trotzdem warm angezogen. Wenn man dann mal hinaus gehen will zieht man sich eben eine Hose darüber und ist schon fertig. Ich wohnte in einem Mehrfamilienhaus und scheute mich auch nicht, hin und wieder den Müll nur mit Strumpfhose und Sweatshirt bekleidet, herunter zu bringen. Wenn ich morgens die Zeitung aus dem Briefkasten holte ging ich eh so hinunter, im Sommer auch manchmal im Schlafanzug. Es hat nie jemanden gestört.

Als ich so ungefähr 22 Jahre alt war wollten wir mit der Clique zu einem Karnevalsumzug. Zwei Freunde holten mich von Zuhause ab und berichteten, dass es bitter kalt draußen wäredann zieh ich mir noch eine Strumpfhose darunter« sagte ich. Beide schauten mich ungläubig an. »Ja, die gibts auch für Männer« sagte ich. Ich bot ihnen an sich doch von mir eine anzuziehen und sie taten es. Es waren welche, die mir eh nicht mehr passten, und ich schenkte sie Ihnen. Ich weiß, dass sie, sie noch lange getragen haben.

Heute bin ich verheiratet und habe Kinder, aber im Winter trage ich immer noch Strumpfhosen und kann nur die bedauern, die nicht den Mut dazu hatten sich einfach mal welche zu kaufen und sie anzuziehen. Vielleicht haben sie es auch vergessen oder verdrängt, wie angenehm es eigentlich damals war.

Ich bin überzeugt, dass es klimatisch gesehen, für den Körper nichts besseres gibt. Ich habe pro Jahr höchsten 2-3 leichte Erkältungen während meine Kollegen, außer den leichten Erkältungen, auch noch mindestens 2-3 mal so stark erkältet sind, dass sie einige Tage zu Hause bleiben müssen.

Wahrscheinlich wären sie erstaunt wie wunderbar sich so eine Strumpfhose auf der Haut anfühlt. Auch wenn man längst Erwachsen ist, kann man noch spüren, dass nicht alles aus den Kindertagen so schlecht war, dass man es ablegen muss. Mir tun sie leid, die Leute, die eine psychische Scheu vor solchen Dingen haben.

Eine Sache habe ich auch nicht abgelegt von damals, ich trage fast immer Socken über der Strumpfhose, das taten damals alle Jungs bei uns in der Klasse und irgendwie hat sich das bis heute behalten.

Ich versuche die anderen nicht unbedingt damit zu konfrontieren. (Ich zeige ja auch nicht jedem meine Unterhosen). Wenn mich aber einer danach fragt ob ich im Winter lange Unterhosen anziehe, dann sag ich ihm schon: nein, Strumpfhosen.





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