Streik: Hermes-Mitarbeiter wehren sich
30.07.2007 - bisherige Aufrufe: 3519
Haldensleben (atsa). Seit Jahren steigen die Preise für Strom, Gas, Benzin und Lebensmittel. In der Lohntüte bleibt immer weniger. Statt Entgelterhöhungen für Arbeitnehmer nutzen Unternehmen oft jedes Schlupfloch zu deren Kürzung. Einst schwer erkämpfte Privilegien, wie Schicht- oder Erschwerniszuschläge werden nach und nach abgebaut. Neu eingestellte Mitarbeiter werden oft mit anderen Arbeitsverträgen zu geringeren Löhnen eingestellt. Auch im Hermes-Versand nimmt die Spirale kein Ende. Am 30. Juli blieben die Werkstore in Haldensleben belagert, viele Beschäftigte legten ihre Arbeit nieder.
„Wir haben schon Leute sagen gehört, dass sie auch für vier Euro pro Stunde arbeiten würden, Hauptsache Arbeit. Das kann doch nicht sein!", erklärte ein Mitarbeiter des Hermes-Versandes. Die Einzelhandelstarifverhandlungen stagnieren, die Arbeitgeber seien nicht bereit, einzulenken. Arbeitsniederlegung ist ein legitimes Mittel, ein Grundrecht für alle Arbeitnehmer, um die ihnen verwehrten Rechte einzufordern.
Die Lohnspirale gehe immer weiter nach unten. Mehr als 8 Prozent weniger als länger Angestellte verdiene ein neu eingestellter Mitarbeiter, Vollzeitverträge gebe es nicht mehr. Statt dessen werden die Beschäftigten mit Stundenverträgen von 100, 118 oder 130 Monatsstunden abgespeist. „Wir arbeiten hier in Schichten, die Arbeit ist körperlich schwer, wir schrubben viele Überstunden, da ist es doch ein Unding, dass viele so wenig Lohn bekommen, dass sie noch beim Arbeitsamt um ausgleichendes ALG-II „betteln» müssen«, heißt es wütend. Dazu wolle man sämtliche Zuschläge für belastende Arbeiten oder Arbeitszeiten kürzen. Jede Forderung nach Lohnerhöhung pralle ab. Aber genau dies fordern die Streikenden auch - in angemessener Form. „Jetzt gilt es, dem Arbeitgeber zu zeigen, dass es uns mit der Durchsetzung unserer Forderungen ernst ist! Wir müssen von unseren Löhnen leben können!", heißt in der Streikaufforderung von ver.di. Niemand müsse sich einschüchtern lassen, denn arbeitsrechtliche Schritte von der Arbeitgeberseite aus Gründen der Streikbeteiligung seien rechtswidrig und unwirksam. Am Werkstor wurde mit Arbeitnehmern gesprochen, man machte sie auf ihre Rechte aufmerksam und beschrieb ihnen den Weg zum Streiklokal Café Einhorn in der Bülstringer Straße. Dort war es am frühen Morgen auf Grund der hohen Beteiligung dann auch schon recht voll. Man sei zufrieden, aber es müsse weitergehen. Viele sollten in die Gewerkschaft eintreten, sagte ein ver.di-Vertreter. Denn nur als Mitglied erhalte man beispielsweise Streikgeld. Man habe auch viel breitere Möglichkeiten, sich gegen alltägliche Ungerechtigkeiten zu wehren.
|