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gats schrieb am 26.5. 2003 um 22:36:05 Uhr über

Harmonie

G 8 reisen zum Gipfel der
Harmonie

Bei der Konferenz der acht mächtigsten
Wirtschaftsnationen ab kommenden Sonntag in
Evian will die Bundesregierung positive
Botschaften senden: keine Wirtschaftskrise, keine
Angst vor Deflation, sondern Möglichkeiten für den
Aufschwung

aus Berlin KATHARINA KOUFEN

Fast könnte man meinen, die Regierungschefs der acht
mächtigsten Länder führen zum Badeurlaub an den
Genfer See. Alfred Tacke jedenfalls, der G-8-Berater
des Bundeskanzlers in wirtschaftlichen Fragen, strahlte
gestern ununterbrochen, sah überall »gute Perspektiven«
und schätzte »die Lage positiv« ein - egal in welchem
Zusammenhang. Das G-8-Treffen, das am Sonntag im
französischen Seebad Evian beginnt, soll harmonisch
verlaufen - das wünscht sich die Bundesregierung.

Eines der zentralen Themen ist die weltweite
Wirtschaftslage. Hier sehen alle G-8-Staaten einen
Aufwärtstrend, in Berlin sprach man gestern von
»stabilem Wachstum«. Der aufwertende Euro sei kein
Problem - schließlich stand der Eurokurs bei seiner
Einführung auch so hoch wie heute. Umgekehrt wollen
die Regierungschefs auch keine Gefahr im schwächer
werdenden Dollar sehen. Vielmehr verwies Schröders
Berater gestern auf »niedrige Zinsen« und "die
Haushaltsüberschüsse der letzten Jahre". Auch sei die
Unsicherheit über den Irakkrieg vorbei - all das spricht
für eine wirtschaftliche Erholung. Deflation - fallende
Preise und schrumpfende Wirtschaft? Gibt es nicht - "wir
haben nach wie vor eine Inflation von mehr als einem
Prozent", sagt Tacke und lächelt.

Wichtig - so wichtig, dass es gleich beim
Begrüßungsdinner am Sonntagabend auf der
Tagungsordnung steht - ist den G-8-Chefs das Thema
Afrika. Zusammen mit den Regierungschefs aus
Algerien, Ägypten, Senegal, Nigeria und Südafrika
wollen sie in Evian eine Bilanz ihrer Afrikapolitik der
letzten zwei Jahre ziehen. 2001 wurde auf dem
G-8-Gipfel in Genua die Nepad-Initiative ins Leben
gerufen, die New Partnership for Africas Development.
In deren Rahmen sollen "Afrikas Staaten ihre
Regierungsführung künftig gegenseitig evaluieren",
erläuterte die Afrika-Beauftragte Uschi Eid (Grüne)
gestern. Hierfür stellt die Bundesregierung 2,5 Millionen
Euro zur Verfügung. Weitere 7,5 Millionen Euro zahlt
Berlin an die Nepad-Staaten, damit deren
Agrarprodukte auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig
werden.

Unter »Entwicklungsthemen« verbuchen die G 8 zwei
weitere Punkte auf der Tagesordnung: Eine
Bestandsaufnahme des Schuldenerlasses für sehr arme
und hoch verschuldete Länder - und die Frage, ob weiter
entschuldet werden soll. »Auf jeden Fall«, forderte
gestern der Vorsitzende des Dachverbands der
Entwicklungsverbände, Reinhard Hermle, nach einem
Gespräch mit Entwicklungsministerin Heidemarie
Wieczorek-Zeul. Die wolle sich jedoch erst mit ihren
G-8-Kollegen abstimmen.

Außerdem wollen die G-8-Staaten einen Wasserfonds
ins Leben rufen, um die Versorgung mit Trinkwasser
weltweit voranzutreiben. Derzeit ist Deutschland mit
jährlich 350 Millionen Euro der zweitgrößte Förderer von
Wasserprojekten in Entwicklungsländern. Allerdings ist
das deutsche Engagement nicht nur
entwicklungspolitischer Natur: Mit RWE hat der
drittgrößte Wasserkonzern seinen Sitz in Deutschland.
Wird der Sektor künftig stärker gefördert, profitieren
davon auch die großen Wasserversorger.

Bei aller Harmonie - eine Dissonanz bleibt:
Bundeskanzler Schröder und US-Präsident Bush treffen
sich nicht zu bilateralen Gesprächen.

taz Nr. 7064 vom 27.5.2003, Seite 8, 109 Zeilen
(TAZ-Bericht), KATHARINA KOUFEN


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