Ein ernstes und einsames Ritual vorhin im Garten: Im Kamin verbrannte ich zwei dicke Ordner mit Korrespondenz 1978–1998, hauptsächlich aber die Jahre bis 1987, als er ein Wir wurde, schon vor Jahren von K. als 'nach meinem Tode ungelesen zu vernichten' gekennzeichnet. Ich habe früher mal ein wenig achtlos durchgeblättert, bevor die Ordner in einem der sonst so trockenen Altaktenschränke verschwanden, und das waren mehrenteils recht belanglose Alltagsplaudereien ganz junger Männer, der Stefans, Christophs, Olavs und Manfreds, die ich auch größtenteils heute noch kenne. Auch K's Briefe waren zu einem Gutteil, weil im Büro mit Durchschlagpapier geschrieben, erhalten. Abba taucht auf und 'Popperfrisuren', Klassenfahrten und Praktikumsberichte, die ganz normale, unverfängliche Welt der 16jährigen. Aber auch Briefe an Altersgenossen, die Familie, mich und von mir, meine ersten schüchternen Liebesbriefe an ihn. Ich machte das Feuer an und ließ die Papierstapel, aus ihrer Bindung genommen, langsam durch die Finger hineingleiten. Ungelesen zu vernichten, was mache ich denn hier für einen Antibrod? fragte ich mich. Die Provence, Hamburg, der Jemen, alles leckte kurz auf und verglomm, stieg zum Teil in die Luft über das Garagendach in die Siedlung hinaus. Durchschlagpapiere und herausgerissene Heftseiten, Bütten und kleine, mit Duplobildern beklebte Karten in einer ungelenken Handschrift. Einer sehr ungelenken Handschrift. Verbrannt.
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