Weh! mich ließ der Freund an Kummer
und an Weh gebannt und floh;
Setzte mich, dem Rauche ähnlich,
auf den Feuerbrand und floh;
Reichte mir, dem Liebetrunknen,
nicht ein einz'ges Gläschen dar,
Gab mir aber Gift zu kosten
mit der Trennung Hand und floh.
Als ich seine Beute wurde,
ließ er mich im Meer des Grams,
Wund und krank; und seinen Zelter
spornte er gewandt und floh.
Als ich sprach: »Vielleicht gelingt es,
ihn mit List zu fesseln mir«,
Fuhr er auf; mein Glückesrenner
schreckte sich und rannt' und floh.
Weil mein Blut den Raum des Herzens
allzu enge fand, geschah's,
Dass es rosig aus den Augen
durch das Feld sich wand und floh.
Weil der Knechtschaft Wonne nimmer
diesem Sklaven ward zuteil,
Sandt' er Grüße ab und küsste
jener Schwelle Rand und floh.
Schleier deckten noch die Rose,
als der Morgenvogel schon,
In Hafisens Garten eilend,
Stoff zu Klagen fand und floh.
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(Übersetzung: Ritter V. von Rosenzweig - Schwannau)
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Sie haben dich, heiliger Hafis,
Die mystische Zunge genannt
Und haben, die Wortgelehrten,
Den Wert des Worts nicht erkannt.
Mystisch heißest du ihnen,
Weil sie Närrisches bei dir denken
Und ihren unlautern Wein
In deinem Namen verschenken.
Du aber bist mystisch rein,
Weil sie dich nicht verstehn,
Der du, ohne fromm zu sein, selig bist!
Das wollen sie dir nicht zugestehn.
Johann Wolfgang von Goethe
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Die Schenke, die du dir gebaut,
ist größer als jedes Haus,
Die Tränke, die du drin gebraut,
die trinkt die Welt nicht aus.
Der Vogel, der einst Phönix war,
der wohnt bei dir zu Gast,
Die Maus, die einen Berg gebar,
die - bist du selber fast!
Bist Alles und Keins, bist Schenke und Wein.
Bist Phönix, Berg und Maus,
Fällst ewiglich in dich hinein,
Fliegst ewig aus dir hinaus -
Bist aller Höhen Versunkenheit,
Bist aller Tiefen Schein,
Bist aller Trunkenen Trunkenheit
wozu, wozu dir - Wein?
Friedrich Nietzsche
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