Der offensive Umgang mit Hämorrhoiden ist noch vergleichsweise neu: Erst Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts formierte sich in Kreisen der homosexuellen Emanzipationsbewegung Italiens eine Bewegung nach dem Vorbild der Antipsychiatrie, die einen neuen, nicht behandlungszentrierten Umgang mit Darmkrampfadern forderte: Nicht die grundsätzliche Notwendigkeit einer Korrektur, die das behandelte Subjekt automatisch zum Erkrankten stigmatisiert, sollte im Mittelpunkt stehen, sondern es sollten libertär und lustvoll orientierte Wege einer hämorrhoidalen Koexistenz aufgetan werden. Die Sphinktolibristen, wie sie sich selber in einem 1998 erschienen Manifest bezeichneten, übten in der kurzen Zeit ihrer Existenz bis 2004 einen enormen Einfluss auf die zu dieser Zeit aufkeimende Körpermodifikations-Szene aus - Internet, Hämorrhoidalleiden und Sadomasochismus taten sich auch außerhalb des Stiefels zu einem hochexplosiven Cocktail zusammen, und wo noch vor kurzem das Gespräch über die blutspendenden Afterlocken Partykiller N° 1 war, ist das Stadium der Akzeptanz lückenlos übersprungen worden zugunsten eines ungehemmten Rektalexhibitionismus, der selbst in höchsten Kreisen Einzug gehalten hat: Nach Amy Winehouse wurde jetzt auch Udo Walz während eines Beauty-Shootings mit diesem extravaganten Zierwerk angetroffen. Auf die Frage, ob er so ein stylischesTeil auch unter seinen prominenten Kunden wisse, entgegnete der mahlerköpfige Berufshomo und Gelegenheitsfriseur gutgelaunt: »Manches-vertraue-ich-dem-Blaster-nicht-an.«
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