Ein früher amerikanischer Soziologe entwarf mal ein einfaches, wie eingängiges Raster zur Beurteilung sozial abweichenden Verhaltens. Er unterschied nach den Lebenszielen, den Mitteln zu ihrer Erreichung, nach Erfolg und Mißerfolg sowie nach sozial angesehen und sozial diskriminiert.
Der typische Spießer ist demnach ein Mensch, der die allgemein gesellschaftlich akzeptierten Lebensziele mit den gesellschaftlich akzeptierten Mitteln verfolgt, aber dabei weitgehend versagt. Als Folge werden die Mittel hypostasiert: die »ehrliche Arbeit« war das Mantra des Spiessers unserer Jugendzeit.
Mit diesem Raster erklärt sich auch das Wesen des Spiessers von heute, des Gutmenschen, der von seinen Lebenszielen (sexualkommunistische Landkomune mit Subsistenzwirtschaft, Bürgermeister, Bundeskanzler) meilenweit entfernt in subalterner Stellung (Verwaltungsunterinspektor, Call-Center-Agent, Gatte) vegetiert, und sich mit hypostasierten Werten (Menschenrechte, Umwelt, Tierschutz) tröstet, für die er unbarmherzig eintritt. Logisch, daß er mit dem Fahrrad zum Dienst fährt, und auf Schadstoffarme Ernährung achtet. Er rennt wegen jedem Schwulenwitz zum Personalrat, belästigt seine Vorgesetzten mit Memoranden zum möglichen Beitrag der Dienststelle zum Klimaschutz, und zeigt seine Nachbarn beim Ordnungsamt an, weil er im Herbst Gartenabfälle verbrannt hat, im Sommer sein Auto gewaschen hat, im Frühjahr grüne Flaschen in die Weissglastonne geworfen und im Winter das Auto 2 Minuten vor der Garage hat laufen lassen. Und er versteht nicht, warum ihn niemand liebt, er endlos lange auf Beförderungen warten muß, er immer noch nicht in den Ortsvorstand der Grünen oder der SPD gewählt wurde und warum ihn seine Frau verlassen hat.
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