Beobachtung 54
Eine Nonne verliebt sich in eine Statue des heiligen Sebastian und dieses Bild verfolgt sie, sie beginnt, sich ihm zu Ehren zu beflecken, die Nacktheit des Heiligen quält sie ohne Unterlaß, sie setzt ihren Beichtvater niemals davon in Kenntnis, aber sie ändert den Sinn ihrer Gebete, indem sie den Namen Gottes durch den des heiligen Sebastian ersetzt. Nach einigen Monaten der Prüfungen besucht sie der Heilige, streift ihr den Ehering über den Finger und verspricht ihr ewige Liebe, sie wird seine Frau und nimmt jede Nacht die Zeichen seiner Gunst entgegen. Da sie nicht mehr masturbieren muß, hält sie sich für verdienstvoll und für um so vollkommener, als sie größeren Genuß erfährt, kaum hat sie die Augen geschlossen, bearbeitet sie auch schon der Heilige. Der Heilige, der sie nicht mehr entbehren kann, weigert sich eines schönen Morgens, sie zu verlassen und läßt sich in seiner ganzen Herrlichkeit im Innersten ihres Geschlechts nieder, ein überwältigendes Privileg, das der mystischen Liebe vierten Grades entspricht, lateinisch amor insatiabilis, auch verwandelnde Vereinigung genannt. In ihrer Demut hätte sie den dritten Grad vorgezogen, die ekstatische Vereinigung nämlich, amor exclusivus, und ich nehme an, daß sie sich aus Angst vor dem Skandal entweder mit der einfachen Vereinigung, amor inseparabilis, aus der Zeit ihrer Masturbationen begnügt hätte, oder sogar mit dem Gebet für Seelenruhe, amor insuperabilis, als sie sich noch nicht masturbierte. Aber ach! Sie war nicht mehr Herrin der Lage, und der heilige Sebastian ließ nicht mehr von ihr ab, sie hörte nicht auf, in Ekstase zu fallen, beim Beten, Fasten, während sie sang, aß, las oder spazierenging, schüttelten die Geißelungen der Wollust ihre ganze Erscheinung, ihr Gesicht leuchtete wie die Sonne und das Liebeswasser trat aus ihrem Körper, einen süßlichen Duft verbreitend, der den Sinn der Nonnen verwirrte. Ein mächtiger Exorzist wurde herbeigerufen, aber da der heilige Sebastian kein Dämon war, ging er von contritio cordis zu confessio oris über und, mit einer Gebärde der Anbetung, zu satisfactio operis. Die Nonne war inzwischen über diesen unaufhörlichen Gnadenstößen klug genug, zu sterben.
Alberto Caraco: Das Reich der Sinne
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