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Wakki schrieb am 1.2. 2008 um 18:14:51 Uhr über

Gottvergessen

Wünsdorf nach der Wende. Wir drei jungen Männer aus Ostberlin dachten eben noch wir befänden uns im Bezirk Potsdam, da standen wir plötzlich mit unserem grünen Jeep vor einem Schild was besagte: Brandenburger Militärsperrgebiet! Betreten verboten! Mit verlorenen und verlassenen Munitionsgegenständen muß gerechnet werden.
Dieses Schild ignorierten wir und entdeckten das Land dahinter. Wir fuhren auf einem Wald- und Feldweg ein Stück in die Gegend und kamen dann zu einer Gruppe von verlassenen, merkwürdigen, kleinen Häusern, eher Gebäuden, die allesamt mattgrün angestrichen waren. Ich ließ das Auto zwischen Büschen und einer Wand verschwinden und wir erkundeten die Gegend. Wir gingen in die verschiedenen Gebäude und entdeckten viele für uns interessante, urwüchsige und offensichtlich sowjetische Normalitäten. Unter der Tapete des einzigen etwas besseren Hauses dort befanden sich zum Beispiel angeklebte Seiten der »Prawda«, DER Zeitung der Sowjetunion und Zentralorgan der KPdSU. Wir konnten hier und da die Zeitungsdaten erkennen. Die Zeitungen stammten allesamt vom Frühjahr 1990.
Wir fanden Zettel, Gebrauchsgegenstände und immer wieder neue kleine, verwinkelte Räume. In dem etwas besseren Haus, dem einzigen mit einer zweiten Etage und einem kleinen gezimmerten Holzbalkon, fanden wir eine echt russische Sauna. Über dem rustikalen, kleinen Heizofen türmten sich viele kopfgroße Steine und Felsbrocken, die mit einem Drahtgeflecht daran gehindert wurden, vom Saunaofen herunter zu fallen. Der Saunaraum war recht klein, vielleicht für 8-10 Mann geeignet. Nebenan gab es ein gefliestes, winzigkleines Tauchbecken. Man hatte auf zwei Quadratmetern eine kleine, steile Treppe nach unten gebaut, die in einem Minibecken für eine Person endete. Natürlich war alles leer und auch nicht mehr schön oder gar hygenisch... aber interessant. Von Menschen, Minen und Bomben war weit und breit keine Spur. Dafür gab es etwas weiter weg noch drei kleine Kackhäuschen die natürlich nicht an eine Kanalisation angeschlossen waren. Dann noch etwas Gemauertes, halb in der Erde, was sicher mal das Munitionslager war. Dann war da noch der Schießplatz mit ein paar selbstgebauten Zielscheiben... ja, lieber Leser - und auch ein paar Patronenhülsen. Ja, wir haben sie angefaßt. Nein, wir haben sie nicht mitgenommen. Wir waren ja schon große Jungs. (schmunzel)
Vom Schießplatz aus hatte man einen herrlichen Rundblick. Ich konnte mir gut vorstellen, wie der Balkonbesitzer und oberste Offizier von oben über seine Soldaten blickte und sie anherrschte und hin und her schickte. Die mußten auch die Sauna bauen und den Balkon, all diese Häuser überhaupt... die armen Soldaten. ---
Ich glaub, jetzt ist es schon zu lang. Da hör ich jetzt mal lieber auf.




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