Psilocybin, der Glückspilz
Aussehen und Verbreitung:
Unter den 144 weltweit vorkommenden Psilocybe-Arten wirken 81 halluzinogen. Keine 10 Arten fallen hiervon auf Europa.
Der bekannteste europäische psilocybinhaltige Pilz ist Psilocybe semilanceata (Spitzkegeliger Kahlkopf), der in Europa zwar überwiegend eine atlantische Verbreitung aufweist, bei uns aber auch vor allem auf gedüngten Wiesen vorkommt.
Er ist ein kleiner zwischen Gras wachsender Pilz mit spitzkegeligem, braungelbem bis olivgelbem, etwas schmierigem, an seinem Rand fein gerieftem Hut, der bisweilen auch bläuliche bis grünliche Töne zeigt. Lamellen violettgrau bis tief purpurbraun mit weiß bereifter Schneide. Sporenstaub dunkelpurpurbraun. P. semilanceata weist im Durchschnitt einen Gehalt von 1% halluzinogenen Stoffen auf.
Andere halluzinogene Pilzarten sind:
Panaeolus-Arten (Düngerlinge)
Pholiotina-Arten (Glockenschüpplinge)
Panaeolina foenisecii (Heudüngerlinge)
Gymnopilus-Arten (Flämmlinge)
Stropharia (Träuschlinge)
Pluteus (Dachpilze)
Conocybe (Samthäubchen)
Hypholoma (Schwefelköpfe)
Inocybe (Rißpilze)
Inhaltsstoffe der Rauschpilze:
Psilocybin (N,N Dimethyl 4-phosphoryloxytryptamin) und sein Begleiter Psilocin, dem die stabilisierende Phosphorsäuregruppe fehlt, zeigen gewisse strukturelle Ähnlichkeiten zu Mutterkornalkaloiden (z.B. Lysergsäure, LSD) sowie zu dem Botenstoff (Neurotransmitter) Serotonin.
Der durchschnittliche Gehalt beträgt abhängig von der Pilzart 0,1 -2% des Trockengewichts, das entspricht ungefähr 0,01 - 0,1% des Pilzfrischgewichtes.
Wirkung psilocybinhaltiger Pilze:
Die körperlichen Anzeichen (Symptome) für eine Vergiftung mit der Psilocybe sind vielfältig und bei vielen Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Es kann zu Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Benommenheit und Gleichgewichtsstörungen kommen, auch Muskelschwäche, »Ameisenlaufen« und ein taubes Gefühl auf der Haut können auftreten. Übelkeit und Erbrechen sind Anzeichen, die in der Frühphase (bis 30 Minuten nach Verzehr) auftreten können. Manchmal kommt es zu einem schnelleren, manchmal zu einem langsameren Puls, der Blutdruck kann erhöht oder erniedrigt sein. Die Pupillen erweitern sich. Auch unkontrollierter Abgang von Harn oder Stuhl (Inkontinenz) sowie unkontrollierte Bewegungen wurden beschrieben.
Für die psychischen Wirkungen ist die strukturelle Ähnlichkeit des Psilocybins mit dem Serotonin von Bedeutung. Serotonin spielt eine wichtige Rolle in der Informationsübermittlung vom Thalamus (»Tor zum Bewußtsein«) zur Großhirnrinde. Die fast unendlich große Flut von optischen, akustischen und anderen Sinneseindrücken muß, um vernünftig interpretiert werden zu können, stark gefiltert werden. Normalerweise wird durch eine Rückkopplungsschleife eine Überflutung durch äußere Sinnesreize verhindert. Durch die Imitation des körpereigenen Botenstoffes Serotonin durch die Halluzinogene Psilocybin und LSD kommt es zu einer Entkopplung dieser schützenden Rückkopplungsschleife und somit zu einer Reizüberflutung. Sinnesinformationen werden nicht mehr mit dem Gedächtnis verglichen und damit sinnvoll interpretiert. Das Ergebnis ist eine völlig veränderte Ich- und Umwelterfahrung. Es kommt zu optischen (visuellen), gefühlten (taktilen) und gehörten (auditorischen) Halluzinationen bei noch vorhandener aber verzerrter Realitätswahrnehmung. Je nach Grundeinstellung kann es zu Glücksgefühl, Lachanfällen (»good trip«) oder zu Angst, Unruhe, Gewalttätigkeit, Delirium und Panikanfällen mit akuter Suizidgefährdung kommen.
Werden halluzinogene Pilze nicht vorsätzlich, sondern unbeabsichtigt wegen einer Verwechslung mit anderen Pilzen gegessen, so sind anstelle freudiger Erlebnisse anschließende Horrorvorstellungen, bedingt durch die Angst, sich ernstlich vergiftet zu haben, eher die Regel.
Symptome nach der Einnahme psilocybinhaltiger Pilze:
Der Psilocybingehalt ist zum einen abhängig von der Pilzart, variiert aber auch innerhalb der gleichen Art stark. Ein Rückschluß von der konsumierten Pilzmenge auf das aufgenommene Psilocybin ist nicht immer direkt möglich. Als Faustregel kann gelten daß 10 mg halluzinogene Stoffe (v.a. Psilocybin ) in etwa 2g getrockneten Stropharia cubensis, in 1 g getrockneten bzw. 10g frischen Psilocybe semilanceata oder 0,5g getrockneten bzw. 5g frischen Psilocybe cyanescens oder P. azurescens enthalten sind.
4 mg - leichtere Rauschzustände
5-10 mg - Halluzinationen bei geschlossenen Augen, antriebssteigernd und damit auf Parties tanzfördernd
ab 10 mg - Halluzinationen bei offenen Augen
ab 20 mg - örtlich und zeitlich verzerrte Wahrnehmung, Gleichgewichts- und Orientierungsstörungen (Tanzen nicht mehr möglich)
60-100 mg - Höchstdosis, nur bei speziellen psychotherapeutischen Sitzungen angewandt
20.000 mg - vermutete letale Dosis beim Menschen
Die LD50 bei Mäusen liegt bei 280 mg/kg.
Auch bei der Einnahme von Mengen weit unterhalb der vermutlich letalen Dosis sind tödliche Unfälle nicht auszuschließen!
Verlauf:
Etwa 20-30 Minuten nach einer Pilzmahlzeit (mit ca. 10-20 mg Psilocybin) kann das vorübergehende Gefühl ähnlich einem leichten Alkoholrausch eintreten. Ein inneres Wärmegefühl kann sich einstellen und eine aphrodisische (liebesluststeigernde) Wirkung soll häufig sein (Zauberpilze wurden im vorspanischen Mexiko auch bei besonderen Liebesritualen eingesetzt).
Die eigentlichen Halluzinationen stellen sich meistens erst eine Stunde nach dem Pilzkonsum ein, erreichen nach zwei Stunden ihren Höhepunkt und dauern bis zu fünf Stunden an. Durch die Reizüberflutung erreicht das Gehirn einen unglaublichen Wachzustand, so daß Einschlafen im Gegensatz zum Cannabis-Konsum fast nicht möglich ist. Obwohl die Halluzinationen und psychedelischen (die Psyche öffnenden) Erlebnisse unter Psilocybineinfluß ähnlich denen nach LSD-Konsum sind, gibt es einige markante Unterschiede. Bei den Pilzen ist die Wirkungszeit mit maximal fünf Stunden deutlich kürzer (LSD-Trips dauern bis zu 10 Stunden und länger an), und der Psilocybinrausch klingt meistens schnell und weich aus, zum Drogenkater kommt es nur selten. Auch die Gefahr eines bad-trips (Panikzustände/Horrortrip) ist bei halluzinogenen Pilzen im Vergleich zum LSD deutlich geringer.
Allerdings kommt es schnell zu einer Toleranzentwicklung. Nach ein- bis zweimaligem Konsum innerhalb von 1-2 Tagen wird die gleiche Wirkung anschließend erst bei sehr viel höheren Dosen erreicht. Die Toleranz ist nach einer Woche Abstinenz jedoch wieder aufgehoben.
Gefahren durch Rauschpilze:
Reines Psilocybin bewirkt auch bei langjährigem Gebrauch in üblicher Dosierung keine ernsthaften Organschäden. Allerdings hat Psilocybin und auch andere in den Pilzen enthaltene Wirkstoffe (z.B. Baeocystin, Bufotenin) eine neurovegatative Wirkung (vergleiche körperliche Anzeichen). Neben Atembeschwerden, Blutdruck- und Pulsveränderungen kann man auch eine gefährliche Erhöhung der Körpertemperatur beobachten. In heißer Umgebung z.B. Diskothek trocknet der Körper durch eine übermäßige Schweißproduktion aus, und es kommt zu einem Hitzschlag. Dieses tritt besonders bei zusätzlichem Gebrauch von Ecstasy und Speed auf.
Neben den Halluzinationen können außerdem durch die psychotrope Wirkung insbesondere bei höheren Dosen verdrängte traumatische Erlebnisse aus dem Unterbewußtsein wieder an die Oberfläche gelangen, wo sie ohne fremde Hilfe unter Umständen nicht mehr verarbeitet werden können. Das kann bei psychisch labilen Personen zu starken Angst- und Panikzuständen führen.
Eine physische (körperliche) Abhängigkeit bei regelmäßigem Konsum von Psilocybin ist nicht beschrieben, eine psychische Abhängigkeit kann aber prinzipiell nicht ausgeschlossen werden.
Schließlich muß auf das generelle Risiko bei selbstgesammelten Pilzen hingewiesen werden. Wer Pilze zur Aufmunterung des Gaumens (z.B. Pfifferlinge, Steinpilze) oder des Gehirns (halluzinogene Pilze) sammelt, sollte selbstverständlich ihr Aussehen kennen. Am besten schließt man sich erfahrenen Pilzsammlern bei der Suche an. Verwechslungen mit (tödlich) giftigen Pilzen sind zumindest beim spitzkegeligen Kahlkopf (Psilocybe semilanceata) kaum möglich. Verschiedene psilocybinhaltige Inocybearten können aber von unerfahrenen Sammlern sehr leicht mit hochgiftigen Arten der gleichen Pilzgattung (Rißpilze, Pilzgift Muskarin) verwechselt werden. Bei auf Holzresten wachsenden Psilocybearten (z.B. P. stuntzii) besteht zudem Verwechslungsgefahr mit Gallerinaarten, die eventuell tödliche Mengen Amanitin (Knollenblätterpilzgift enthalten). Wie bei jedem Verdacht auf eine Pilzvergiftung ist es ratsam, ein Exemplar der verspeisten Pilze aufzubewahren, und eine Giftinformationszentrale um Rat zu fragen.
Gesammelte Pilze sollten prinzipiell schnell verzehrt werden, da sich Pilzeiweiße recht bald zu gefährlichen Toxinen zersetzen und alte Pilze auch ein bevorzugtes Substrat für Schimmelpilze darstellen, die wiederum krebserzeugende Aflatoxine bilden können.
Aber auch gekaufte Pilze haben ihre Nachteile. Zum Teil handelt es sich bei den »Psilos« um ganz gewöhnliche getrocknete Pilze, denen von geschäftstüchtigen Panschern etwas billiges LSD zugesetzt wurde.
Wegen der unvorhersehbaren Wirkung und der zum Teil gravierenden Nebenwirkungen raten wir grundsätzlich von dem Verzehr von halluzinogenen Pilzen ab.
Nachweis von Psilocybin:
Als Indolderivate bieten Psilocybe-Rauschpilze keine großen Nachweisprobleme.
Vor allem Ehrlichs Reagens und der im Fotolabor verwendete Stoff Metol zeigt durch einen Farbumschlag die Anwesenheit von Indolen an. Psilocybin ergibt unter Luftoxidation einen blauen Farbstoff. Eine Blauverfärbung deutet allerdings nicht immer auf Psilocybin hin, auch bei vielen Röhrenpilzen und einigen Lamellenpilzen tritt eine entsprechende Lamellenverfärbung ein, die aber auf andere Indole zurückzuführen ist.
Das übliche Drogenscreening erfaßt Psilocybine (noch) nicht.
|