Völliger Blödsinn ist m.E. die chronologische Vorgehensweise im Geschichtsunterricht. Bei mir war es damals so, daß wir in der 5 mit der Steinzeit anfingen, spätestens ab der Quinta bei den alten Griechen rumkrebsten, irgendwann in der Pubertät bei der französischen Revolution herumschwärmten, etwa in der Obertertia ein Jahr mit preußischer Landreform und Weberaufständen zerredeten und, inzwischen abgestumpft, in der 10ten bei Auschwitz und dem Godesberger Programm landeten, ab der Oberstufe gingen dann die letzten 150 Jahre wieder von vorne los. Ganz abgesehen von der unsäglichen Fixiertheit auf die Kulturen Europas und Nordamerikas (mindestens 2 Jahre Preußen durchgekaut, das sagt doch schon alles) trug dieser schematische Aufbau nur wenig zu einer Stärkung des historischen Bewußtseins bei, weil man die Grundlagen einer Kultur meist schon im nächsten Halbjahr wieder als abgetan im Schrank verstaut hatte. Besser als kleine, heilsame Schocktherapie bei den kleinen Ströpsen mit den Konsequenzen der Nürnberger Rassegesetze beginnen, anschließend deren mittelalterliche Vorläufer zum Exkurs durch das dunkle Zeitalter nutzen, die pubertierenden Herzen durch (Un)Maß und (Un)Zucht des alten Roms affirmieren, dem erwachenden Verstand die Kulturen Asiens und Afrikas nahelegen, und zu guter Letzt in fliegendem Wechsel zwischen Nachkriegsordnung, Politeia und palöoanthropologischen Grundlagen hin– und herswitchen.Chronolineares Denken hilft den jungen Menschen in einer Zeit der geforderten Flexibilität nicht weiter.
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