Die Turmuhr schlägt nicht zwölf mitnichten nicht, es gibt keine hier, die nächste ist am Bezirksrathaus, und das ist ein Stückerl weiter weg, auch ungewiss: Schlagen tut sie wahrscheinlich nicht die Uhr, allein, ob sie überhaupt richtig geht ist eine Frage die zu stellen ist. Aber auch so gehen wir jetzt aus dem Haus, die vier Stockwerke nach unten, durch den Hof, durch das Vorderhaus, durch die gro´ße Tür, auf die Straße, wo wir uns sogleich nach rechts drehen, und sobald wir das Tun atmen wir so tief ein wie schon lange nicht mehr, weil die Luft kühl ist, und die eingeatmete kalte luft wäscht alle Müdigkeit nämlich aus dem jungen alten Fleisch, sie macht uns froh (weiß nicht wieso, oida), und mir stehen da Luftumspült, eine Sekunde, und dann gehen wir los, und wir richten unsere Augen auf das Haus, über der Straße, und wir legen unseren Kopf in den Nacken, weil die Häuser ja hier, in der Stadt, ja immer ein bis zwei Stockwerke mehr haben als bei uns daheim, und weiter in den Nacken, der Kopf, bis zur Dachmansarde, dem geschwungenen süddeutschem Satteldach, weil ja alles hier so ein komischer Stilmisch ist, weil das bayerische Satteldach ja auf einer norddeutsch neoklassizistischen Fassadeneinteilung mit entsprechenden Fensterrahmungen sitzt, weil das ja hier so ist eben, und die Farbe, gelb, ist eh so süddeutsch wie nur was, das alles geht uns in dem Moment natürlich höchstkonzentriert durch den Kopf, so in etwa wie, »hmja«, und das wars schon, muss es sein, weil wir wollen ja zur Tankstelle, geradeaus über die Straße, dann fünfzig Meter weiter beim Baugerüst links, dann nochmal achtzig Meter bis zur hauptsächlichen Hauptstraße des Viertels, wo wir nach rechts gehen, entlang, und dann nach nochmal zwanzig Metern an der Ampel uns nach links drehen, über die hauptsächliche Hauptstraße gehen, dann nochmal fünf Meter geradeaus, dann nach rechts, und mitten hinein in die ARAL-Tankstelle, die uns blau heimleuchtet, heim zum Getränkeregal nämlich, heim zum Bier das in uns die liebe wärmliche Wärme verbreiten soll, das wir in uns hineinschütten werden zum vergessen, und wenn jetzt irgendein Bildungsmensch was sagt von wegen Lethe, dann hau ich ihm, dann tu ich ihm hauen, ich hau dir alta, ich hau dir, sags nicht, sags bloß nicht! Aber so weit sind wir noch gar nicht. Wir stehen ja erst an der Straße, auf dem Weg zum Baugerüst. Da gehen wir ja nun jetzt um die Ecke, von ferne schon die Orientgeigen aus der Pension, respektive der türkischen Bar, wo immer ein großes Hallo zu sein Scheint, wir biegen also um die Ecke, gehen auf dem Kopfsteinpflaster. Plötzlich: DER GEIST SPRICHT: MICHAEL, DES NÄCHTENS SIND DER VERZWEIFELTEN VIELE, ICH SAH DICH GEHEN AUF DEM ASPHALT, SAGST DU MIR, WAS DICH NUN TREIBET IN DER DUNKLEN STUND' DES ABENDS, IST ES DAS ELEND DASS...», ich: «oi oi, you jus lemme aloune, fooka me dun be doin nun bud ge'in me sum be'ar, you knows?» Der Geist: «DA GEHT ER HIN, LASSEN WIR IHN AUFS ERSTE ZIEHEN, DOCH WARTEN WILL ICH, HIER IM VERSCHLAGE, IHN ZU FRAGEN, WENN ER BALD ZURÜCKKOMMT!"
In der Tankstelle folgendes: 3x Paderborner Pilsener, 1x Paulaner Weißbier. Zahlen und naus.
Wieder die Kopfsteinpflasterstraße hoch, doch oh, ein Graus überkommt mich, am Rand des Bürgersteigs, ein Fahrrad, war mir doch gerade so, als ob jemand darauf sitzen täte, allein, eine Sinnestäuschung wohl, weiter nun, doch plötzlich: DER GEIST: BIST DU WOHL ERSCHROCKEN GRAD', ICH SEHS AN DEINER FAHLEN NASE! ich:»Die Nase die ist alle Tage fahl, das macht der Alltag, der mich drückt, geist!« DER GEIST: SO!? ich:»also geb ichs zu, ich dacht daß jemand auf dem Bizykel säße, allein, Täuschung wahr es wohl, die mich aufschrecken ließ, da seh ichs doch, angelehnt an einen Baum, festgekettet, und ein Regenschutz über dem Sattel, seh ich wohl, niemand weit und breit!« DER GEIST ALSO: DU SIEHTS RECHT!» ich:«Aber gehen muss ich, schon ist ein drücken in der Brust, der meinen!» DER GEIST: DIE LIEBE ISTS WOHL, DIE DICH VERDRIEßT?!« ich: »nein, es ist nur, daß ich zuviel rauche, werter Geist!« DER GEIST NUN: »So SO SO, SO IST DAS...« ich:»drinking gloomy days away, la lalala«
DER GEIST: HABE DIE EHRE! ich: »ja, tschüss...«.
Darauf nach hause, jetzt wieder in der Kammer.
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