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Jall schrieb am 5.12. 2009 um 01:19:35 Uhr über

Gehrock

Clement Marquis de Toulouse ging den langen Saal entlang. Über all sah man reich geschmückte Damen und Herren flanieren und sich neckisch durch die Masken anblinzeln. Es war der Frühlingsball des Roi Soleil. Traditionell werden die Gäste mit Maske erwartet, auch der Maquis trug eine schlichte Maske aus rotem Leder. Einige Damen hatten sich zu diesem Anlass Masken aus Venedig liefern lassen, man sah große weiße Federn, schwarze Spitze und edle Perlen. Clement hatte sich jedoch für seine Maske entschieden, da er etwas anderes besaß, dass selbst der Hofmeister des Roi, mit seiner türkisen, Feder besetzten Pestdoktoren Maske, nicht übertreffen konnte. Etwas, von solcher Schönheit, dass selbst der edelste Herr sich nach ihm umdrehen musste.
Er trug einen Gehrock, gefertigt in der besten Schneiderei von ganz Paris. Es war ein Mantel aus rotem Brokat, gefüttert mit der feinsten, chinesischen Seide. Der Rock hatte steife, erhabene Schultern, lag jedoch an der Taille eng an. Er betonte damit nur den schlanken Körper des Marquis, um dessen Beine sich der Mantel wie ein Meer bewegte. Goldene Knöpfe und große Taschen waren auf ihn aufgenäht, und auf dem breitem Kragen hatte sich Clement auf beide Seiten sein Wappen, einen Pfau mit weit aufgefächerten Federn, in mit goldenem Garn sticken lassen.
Sein Gehrock hatte ihn mehr gekostet, als man für ein Landgut von mittlerer Größe ausgeben würde. Er würde ihn nur dieses eine Mal tragen, danach würde er in den Schrank gehängt, als Erinnerung an das große Fest.
Als sich der Abend gen Mitternacht bewegte, sprach ihn eine Duchesse, die schon zu viel des edlen Rotweines gehabt hatte, an: »Mein lieber Herr, der Mantel den sie tragen überstrahlt heute Abend sogar die Pracht des Roi, sie müssen aufpassen, sie werden um diesen Mantel beneidet!« Dann wurde sie von ihrem fetten Gatten weg gezerrt. Ein zweiter Gast sprach: »Wenn sie diesen Mantel anhaben, würde selbst die heilige Jungfrau ihre Unschuld an ihnen verlieren wollenDer dritte der ihn ansprach war ein weiß geschminkter Herr , er hatte die zwanzig noch nicht erreicht, mit hoher PerückeSie mein Herr, nehme ich mir zum Vorbild. Sie möcht' ich ehren und preisen! Wer so einen Rock trägt, ist ein gemachter Mann
Doch als das Fest sich im Morgen verlief, und der Marquis sich auf den Heimweg machte, sprang aus einer dunklen Strasse eine Gruppe von Männern. Einer schrie: »Sie und ihr Mantel sind des Teufels! Der Roi selbst konnte uns mit seinem Glanz nicht beeindrucken, ihr Mantel schien neben ihm wie sieben Sonnen! Seine Pracht wirkte Matt im Schein ihres Rocks! Und so wollen wir den Roi wieder strahlen lassen, der König soll erhabener sein , als Alle am Hof. Wer es wagt sich über den Roi zu stellen, ist des Todes

Und so sah man im Glanz der Morgensonne einen zinnoberroten Mantel über die Wellen der alten Seine schwimmen, und in den Wogen des Atlantiks ging der Mantel unter, und niemand hat je wieder die Pracht des Roi Soleil bedroht.



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