Als er so alt war wie ich heute, hat K. einen Selbstmordversuch unternommen, Mitte der 70er Jahre war das. Er ist in die Garage gegangen, hat sich ins Auto gesetzt - ich vermute, es wird der unschlagbare kanarigelbe 280 SL gewesen sein, Chrom und Kanten statt kunststoffummantelter Luftanpassung - drehte den Motor auf und wartete. Hausbewohner fanden ihn rechtzeitig. Ich habe es nie so richtig verstehen können, du liebe Güte, 40, gerade die Hälfte des Lebens vorbei, Wohlstand, kein beruflicher Stress, Gesundheit leidlich in Ordnung, zwar ein zuwenig an Beziehung, doch besser als ein zänkischer Drachen im Haus, oder? Inzwischen beginne ich, zu begreifen. Scheitelpunkt der Flugkurve, nicht mehr ganz jung, aber noch ein Berg abzuarbeitender Zeit vor Augen. Erstes Nachlassen der Spannkraft. Die Augen beginnen sich müde zu sehen an den modischen Kostümwechseln des Zeitgeists. He, Alter, was geht noch? Dreimal im Jahr in Urlaub fahren und zweimal Jazzfrühschoppen im Schumacher ist ein wenig dünn zum Fundament. Hebräisch lernen, osmanische Miniaturen sammeln oder doch den Grundstock zu einer Sammlung flämischer Kleinmeister legen? Karitativ werden und zu Weihnachten ein Briefchen aus Laos oder Benin bekommen? Nochmal das Herz in Zellophan packen und für 20 oder 30 Jahre verleihen? Schwer zu sagen, schwerer noch, zu entscheiden. Der Land Rover in der Garage weiß keine Antwort. Ich werde ihn auch nicht fragen. Die Fahrt ist noch nicht zuende.
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