Alexander v. Humboldt sagt in einem Briefe an Varnhagen von Ense, indem er sich beklagt, daß er, der das Jahr 1789 erlebt, die Welt in solch jämmerlichem Zustande verlassen müsse, sich und Andern zum Trost, eben so schön als treffend: „Jahrhunderte sind Secunden in dem großen Entwickelungsprocesse der fortschreitenden Menschheit. Die ansteigende Curve hat aber kleine Einbiegungen, und es ist gar unbequem, sich in solchem Theile des Niederganges zu befinden.“ Dieses Gefühl der Unbeguemlichkeit im Welt- und Hofmanne wird freilich in poetischen Naturen zum unerträglichen Schmerze, und Lenau ruft: „Es ist verzweiflungsvoll, im ersten Grauen des Tages sterben zu müssen!“ Dieser tragische Ton zittert durch die ganze Weltgeschichte. Moses, der größte Mann seines Volkes, durfte das Land der Verheißung, in welches er es führte, auch nur sterbend aus der Ferne sehen, nachdem er vierzig Jahre mit ihm im Wüstenelend geschmachtet hatte. Wohl denen, die mit stoischer Seelenruhe die „Unbequemlichkeit“ ertragen, sich in solch’ einem Niedergange der Curve zu befinden.
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