PESSIMIST: [...] Leider haben die Deutschen nur eine Seele, statt zwei, wie die Franzosen und Italjener. Als die Deutschen die christliche Idee aufnahmen, wurde die ganze Seele christlich, feig, zerknirscht, hündisch, erbärmlich. Die französische Seele wurde auch christlich, aber dahinter kicherte der gallische Rest, der französische Dämon; und bei den Italjenern blökte die erotische Bestie, ihr Boccaccio. Deshalb wurden die Italjener und Franzosen außer Christen auch Nazionen; die Deutschen aber wurden nur Christen, und das war für die großen Welt-Entscheidungen zu wenig.
OPTIMIST: Und doch haben sie eingeholt, was einzuholen war, und sind, nach Allem, wie es scheint, eine Nazion geworden.
PESSIMIST: Ja, unter der Fron. Unter den Fürsten. Unter der Sugestion der Knute. Nehmen Sie die Fürsten weg und es bleibt eine hülflose Maße, hülfloser wie ein Kind.
OPTIMIST: Sind sie nicht glücklich?
PESSIMIST: Eminent glücklich. Hier liegt's ja eben. Das Kindische. Das Tölpelhafte. Sie sind in der Fron glücklich und merken's nicht. Wie der Nigger auf den Reisfeldern beugen sie den breiten Rücken unter der Peitsche des Aufsehers und fletschen noch humoristisch den Paßanten an, der an ihnen vorbeigeht [...]
Oskar Panizza, Dialoge im Geiste Huttens
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