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Pringsheim blickte von seinem Schreibtisch auf. Seine Augen blieben wie so oft an diesem Gemälde gegenüber hängen. Auf schwarzen und roten Feldern waren in weiss und schwarz Reihen von kleinen Krakeln aufgebracht, streng ausgerichtet, die wie Schriftzeichen aussahen. Er entnahm dem Diktiergerät die Kassette, und heftete sie mit einem kleinen Plastikrahmen auf die zuoberst liegende Akte. Nein, er war nicht fertig geworden mit dem, was er sich vorgenommen hatte - aber mit allem, was er noch vor dem Wochenende herunterzudiktieren hatte. Er steckte sich eine Zigarette an, und versuchte, Rauchringe zu blasen. Es gelang ihm nicht, wie meistens. Eine frühere Sekretärin hatte sich mal beschwert darüber: sie hätte ein Recht auf rauchfreien Arbeitsplatz. »Den können Sie gerne haben - irgendwo woanders da draussen !« hatte Pringsheim nur gesagt. Inzwischen war sie auch woanders. So eine Frechheit: dem Chef im eigenen Laden das Rauchen verbieten zu wollen, nur weil das in irgendwelchen Gesetzen stand ! Pringsheim drückte die Zigarette aus, und ging mit den Akten und der Kassette hinaus zu seiner Sekretärin. »So, damit Sie sich nicht langweilen am Freitagnachmittag !« Und dann kündigte er an, zu gehen. Er liebte diesen Blick seiner Sekretärin in solchen Augenblicken, und sah sie seinerseits durchdringend an. Die junge Frau wußte nur zu gut, daß sie ihren Zorn, ihre Wut über den Zynismus ihres Arbeitgebers keinesfalls erkennen lassen, sondern gleichmässig zu lächeln hatte. »Bei Ihnen habe ich mich noch nie gelangweilt!« sagte sie. »Und das ist auch gut so ! Wenn Sie fertig sind, hauen Sie auch ab !« Die junge Frau sah mit geübtem Blick auf die Kassette, und das war ein spannender Moment: ihr aufgesetztes Lächeln verwandelte sich in ein echtes Lächeln. Und das war auch wieder so ein Moment, den Pringsheim liebte: wenn die junge Frau erkannte, daß auch sie schon gegen drei ins Wochenende gehen konnte, statt erst zum offiziellen Ende der Bürozeit um 16.30. »Tschüss!« sagte Pringsheim, und lies die große Flügeltür zum Treppenhaus hinter sich zufallen. Den Abschiedsgruß seiner Sekretärin hörte er nur noch gedämpft durch die große Flügeltür.
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