Man wird der Gartenlaube sicher den Vorwurf nicht machen können, daß sie ihr Augenmerk besonders auf fürstliche Persönlichkeiten richtet, allein das Talent dieses neuen dramatischen Dichters erscheint doch von so ungewöhnlicher Art, daß wir es uns als Unterlassungssünde anrechnen müßten, wollten wir unsern Lesern nicht eine kurze Schilderung vom Leben und Streben des kunstliebenden und kunstübenden Prinzen geben. Geboren am 12. Februar 1826, als zweiter Sohn des vielgenannten Prinzen Friedrich von Preußen und der Prinzessin Louise von Anhalt-Bernburg, als Enkel der schönen Königin Friederike von Hannover, zeigte Prinz Georg frühzeitig hervorragende Geistesanlagen. Die ersten Jugendjahre verlebte er in Düsseldorf, wo sein Vater sich vielfach an der regen Geselligkeit der Künstler und Gelehrten betheiligte und namentlich die Notabilitäten derselben an seinen Hof zog. Immermann leitete damals das Theater in Düsseldorf, und Uechtritz ließ seine antiken Tragödien unter dem Beistande des Freundes dort darstellen. Sein Alexander und Darius haben vielleicht zuerst in die kindliche Phantasie des Prinzen die Keime zu den ernsten historischen Stoffen seiner Muse gelegt. Die Feste am Hofe des Prinzen Friedrich hatten jedenfalls immer einen künstlerischen Boden, und der fürstliche Knabe empfing davon fruchtbringende Anregungen; mit zwölf Jahren spielte er selbst schon Komödie in einem französischen Drama „le roi, roi“. Er stellte Ludwig den Vierzehnten als Kind und Bohnenkönig dar und erntete so großen Beifall, daß seine lebhafte Phantasie von dem Augenblick an für theatralische Erfolge schwärmte. Sein vorherrschendes Talent war damals jedoch das musikalische, und um es auszubilden, hauptsächlich aber um einem drohenden Brustleiden vorzubeugen, wurde der Prinz, kaum dem Knabenalter entwachsen, nach Italien geschickt. Dort lernte er wohl zuerst die ganze Schönheit der Antike kennen und genoß mit den Anschauungen seines Lieblingsdichters, Goethe, das Land der Poesie und der Kunst. Äri die nordische Heimath zurückgekehrt, verkehrte er viel mit den musikalischen und literarischen Größen damaliger Zeit, mit Gräfin Rossi-Sontag, Jenny Lind, Bettina von Arnim, der Gräfin Hahn-Hahn, Spontini, Meyerbeer,’ Tieck, Varnhagen.
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