Besiedlung des Mars
Meine Bewerbung für den Flug auf den Mars wurde angenommen. Wir sind ein Team von 20 Menschen, die dort längere Zeit leben sollen. Weitere Gruppen sind jeweils im Abstand von einigen Jahren vorgesehen. In den vergangenen Jahren haben automatische Geräte und eine kleine Gruppen von Astronauten auf dem Mars die für den ersten größeren Trupp nötigen Unterkünfte und Versorgungseinheiten aufgebaut. In den Propagandavideos, die Freiwillige anwerben sollen, ist das Leben auf dem Mars sehr angenehm, fast luxuriös und sexuell freizügig dargestellt. Wenn auch nur die Hälfte davon real ist, brauchte ich nicht lange darüber nachzudenken. Unsere Aufgabe ist es, die Voraussetzungen für weitere Siedler zu schaffen.
Etwas unerwartet ist die Zusammensetzung des Teams. Wir sind 15 attraktive junge Frauen und nur 5 mindestens ebenso attraktive Männer. Alle brennen darauf, in den Weltraum zu fliegen, koste es was es wolle. So unterschreibt auch jeder einen Vertrag, bei dem der Teilnehmer jedes Risiko selbst übernimmt, ähnlich wie bei aufwendigen medizinischen Operation. Der Start erfolgt, ohne uns vorher miteinander bekannt zu machen und uns in Details über den Aufenthalt auf dem Mars einzuführen. Dafür wäre auf dem langen Flug noch jede Menge Zeit.
Das Raumschiff ist mehr als großzügig. Darin hätten doppelt so viele Passagiere Platz. Jeder hat seine eigene Kammer, dann gibt es noch einen Gemeinschaftsraum. Am wichtigsten ist der Fitnessraum. Die Organisation hat bestimmt, dass keiner fett werden darf. Jeder muss sein Gewicht/Körpermasse vom Abflug halten. Deshalb ist es tägliche Pflicht, dort überflüssige Kalorien zu verbrennen. Das Raumschiff schafft eine künstliche Schwerkraft. Die verkleinert sich im Laufe des Flugs von der Schwerkraft auf der Erde auf die viel geringere des Mars.
Während des Fluges haben wir reichlich Zeit uns gründlich zu beschnuppern. Es gibt zwar eine Beschäftigungstherapie gegen Langeweile, jedoch sind intime Beziehungen unvermeidbar und sogar erwünscht. Um Schwangerschaften im Bereich der intensivsten kosmischen Strahlung auszuschließen, ist jeder Mann zur Verwendung von Kondomen verpflichtet. Nach und nach bauen sich mehr oder weniger feste Vorlieben auf. Einige Frauen haben sich in mich verliebt, und auch ich habe meine Favoritinnen. Kurz vor der Ankunft benotet jeder Passagier alle potentiellen Partner oder Partnerinnen, wie sehr sie mit ihm oder er mit ihr die erste Zeit verbringen möchte. Daraus stellt der Bordcomputer sogenannte Familien aus je drei Frauen und einem Mann zusammen.
Nach knapp einem Jahr schwenkt unser Raumschiff in eine Umlaufbahn um den Mars ein. Dort bleibt es auch. Der Transfer zur Oberfläche erfolgt für jede der fünf Familien separat mit derselben kleinen Landefähre. Die auf dem Mars bereits heimischen Astronauten heißen jede Familie willkommen und weisen ihr im Bereich des Aufenthaltstrakts eine kleine Wohnung aus drei Schlafräumen für die Frauen und einem Aufenthaltsraum zu. Wie seit Menschengdenken üblich, soll der Mann die Nacht immer gemeinsam mit einer Frau verbringen.
Außer den Unterkünften gibt es in der Marsstation noch weitere Einheiten. Das sind weitläufige Gewächshäuser, Werkstätten und Systeme zur Lebenserhaltung. Also Einrichtungen zur Gewinnung von Sauerstoff aus der Marsatmosphäre, Wasser aus dem Marsgestein und Strom. Das meiste ist bislang in hermetisch dich geschlossene Flachbauten untergebracht. Deren Baumaterial ist Kunstharz, das mit Marssand vermischt ist. Für die fernere Zukunft sind riesige Glaskuppeln vorgesehen, die große Bereiche überspannen.
Erst jetzt erkennen die meisten Ankömmlinge der aktuellen Marsmission, welche Aufgabe ihnen wirklich zukommt. Sie sollen nicht nur die Voraussetzungen für weitere Siedler zu schaffen, sondern zukünftige Siedler selbst zeugen und gebären. Die Planung sieht die Frauen zwar nicht direkt als Gebärmaschinen, geht aber davon aus, dass jede um die drei Kinder von unterschiedlichen Vätern bekommt. Im Laufe der ersten drei Jahre durchmischen sich je nach persönlichen Vorlieben die Mitglieder der einzelnen Familien. Es wird aber stets darüber Buch geführt, welches Kind von welchen Eltern stammt. Danach richtet es sich, welche Kindeskinder später einmal Familien gründen dürfen. Nach ungefähr drei Jahren wird es also 45 Kinder auf dem Mars geben. Dann soll der nächste Flug mit doppelt so vielen Siedlern eintreffen. Ein Zurück zur Erde ist nicht vorgesehen, das ist für einige eine herbe Überraschung.
Die ersten Siedler sind bestens damit beschäftigt, die Unterkünfte und Versorgungseinheiten für die zweite Gruppe von Siedlern und ihre eigenen Nachkommen aufzubauen. Erst wenn die Bevölkerung deutlich angewachsen ist, stehen größere Objekte zur Diskussion. Dann sollte die Siedlung auf dem Mars unabhängig von der Erde werden.
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