Man kommt angesichts solcher Bücher nie über die zweifelnde Frage hinaus: Ist es wirklich arglose Thorheit, oder ist es arge Dreistigkeit, die solch einen Mischmasch zusammenbraut und unserer Jugend als geistige Kost vorsetzt? Wir wollen annehmen, daß Alle, die zur Herstellung eines solchen Machwerks ihre Hand bieten, in gutem Glauben handeln, und daß sie nicht um bloßen Geldgewinnes willen daran mitarbeiten helfen. Man frage sich aber doch einmal ernstlich und ruhig, was bei diesen Büchern herauskommt. Meist fehlen den darin behandelten Gegenständen alle Anknüpfungspunkte an die jeweiligen Kenntnisse des Kindes; so stehen sie unvermittelt da und gehen ebenso rasch wieder verloren, wie sie aufgenommen wurden. Das Kind gewinnt nicht nur nichts bei dieser Beschäftigung, sondern es verliert sogar dabei. Unsere ganze moderne Pädagogik drängt nach „Concentration“ des Unterrichts, sie sucht die Lehrstoffe möglichst mit einander zu verbinden, zu einander in Beziehung zu setzen, damit sie sich gegenseitig stützen und befestigen; diese Bestrebungen werden durch solche Erzeugnisse der Jugendliteratur durchaus wieder in Frage gestellt, ja, es wird ihnen in der unbesonnensten Weise entgegengearbeitet. Was hat das Kind davon, wenn es in der einen Viertelstunde etwas von einem italienischen Maler, in der nächsten eine Geschichte vom „Onkel Martin“, in der dritten etwas über den „alten Fritz“, dann wieder über die Buschmänner, über den Fabeldichter Aesop, über das Känguruh und über einen beliebigen Seesturm liest? Sittliches Unheil freilich wird bei diesem Kunterbunt nicht angerichtet; mitunter bleibt vielleicht sogar diese oder jene Notiz verlorener Weise im Gedächtniß hängen, und das würde ja sogar ein kleiner Gewinn sein; daß aber durch dieses unaufhörliche Herumflattern von einem Gegenstande zum andern die geistige Kraft zersplittert, die jugendliche Phantasie, dieses köstliche Gut, das, verständig geleitet, einen der mächtigsten Factoren der Erziehung abgeben kann, gemißbraucht und vergeudet wird, das ist doch sonnenklar. Die Kinder gewöhnen sich nicht, einen umfangreichen, zusammenhängenden Stoff zu übersehen und zu bewältigen, sie jagen nippend und naschend von einem zum andern. Wo soll dann im späteren Leben die Fähigkeit herkommen, sich mit Ernst und Liebe in einen Gegenstand zu vertiefen, wenn man die Kinder systematisch zu oberflächlicher Halbwisserei erzieht? Mehr und mehr empfindet man in unserer Zeit die Nothwendigkeit, Fortbildungsschulen zu errichten und die Schulzeit bis zum sechszehnten Jahre auszudehnen, weil die erhöhten Bildungsziele in der bisherigen Frist nicht mehr zu erreichen sind. Und doch erschwert man unüberlegter Weise auf der anderen Seite die Erreichung dieser Ziele, indem man schon die Kinder zu einem plan- und zwecklosen Aufschnappen aller möglichen gleichgültigen Dinge anleitet.
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