Ich glaube, meine Mitbewohnerin ist besessen. Von Zeit zu Zeit schwebt sie ein paar Zentimeter über dem Boden und spricht in fremden Zungen.
Anfangs dachte ich, sie übe für ihren Yoga-Kurs. Mantras und so. Allählich mache ich mir schon Sorgen.
Sicher: blutende Wände, Stimmen im Abfluss, ein kalter Hauch ab und an - das kann in jeder WG vorkommen. Aber Uhren, die Rückwärts laufen, verbogenes Edelstahlgeschirr und Fernseher, die äqyptische Seifenopern spielen, ohne dass der Stecker in der Dose ist, können nerven. Vor allem die Seifenopern!!!
Letztens hockte sie im Schneidersitz auf dem Fußboden in der Küche. Vor sich eine Räucherschale, ein Teelicht und ein Küchenmesser. Dabei wippte sie extatisch vor und zurück; ihre Stimme kam von weit her. Monotoner Singsang. Das einzige, was ich verstanden habe, hörte sich so an:
»Ich bin der Salamander, und mein Element ist das Feuer.«
Was sie studiert? Ethnologie und Religionswissenschaften. Früher war sie Kunstgeschichtehauptfachmädchen.
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