Eigentlich bin ich fertig mit dem deutschen Bildungssystem, das mich aufgrund meiner Herkunft benachteiligt hat. Nach dem Abi ist es nicht besser geworden, sondern viel, viel schlimmer! Der Hürdenlauf fängt nach der Immatrikulation nämlich erst richtig an.
Es ist nicht leicht, mehr als das zu erreichen, was die Gesellschaft für einen vorgesehen hat. Nur vier von 100 Proletenkindern sehen eine Uni überhaupt von innen, und die meisten werden aussortiert.
Zumindest in Leipzig ist die Übersetzerausbildung schlecht, schlecht und schlecht. Es ist auch nicht so, dass der Student dort abgeholt wird, wo er steht. So bin ich beispielsweise der irrigen Annahme aufgesessen, das Studium schließe nahtlos an die Französischausbildung in der Schule an.
Oh nein! Mit dem, was ich am Gymnasium gelernt habe, war ich verdammt arm dran. Die erwarten hier nämlich, dass man die Sprache schon perfekt kann, bevor man anfängt, sie zu studieren.
Wäre ich nicht verdammt begabt, hätte ich GAR keine Chance gehabt. Es geht darum, Leute zu vergraulen. Die, die bis zum Abschluss durchhalten, können sich zwar durchsetzen, aber sonst können sie nix.
Ich habe Übersetzen studiert und dieses hassgeliebte Studium schließlich mit ausgezeichneten Noten abgebrochen. Die Ausbildung versagt bei grundlegenden Dingen wie Hörverstehen, und wenn ich jahrelang nur Zeitungstexte übersetze, hilft mir das im wahren Leben, das Verträge und Gebrauchsanweisungen von mir verlangt, nicht weiter.
Wie gesagt: eigentlich bin ich fertig mit dem deutschen Bildungssystem. Allerdings gibt es da noch den zweiten Bildungsweg. Dort komme ich zu einem Diplom, ohne Zeit mit sinnloser Scheiße zu verschwenden. Obendrein vermittelt optimal aufbereitetes Studienmaterial so etwas wie Fachwissen! DAS habe ich eigentlich von der Uni erwartet. DAS habe ich immer gewollt!
Jetzt hole ich mir den Abschluss: ein Diplom, das was wert ist. Und ich muss dazu nicht mehr gegen Existenzangst anzittern, weil ich, ohne Abschluss zwar, aber dennoch höchst erfolgreich, tatsächlich in meinem Beruf arbeite. Dank HartzIV kann ich so billig texten wie kein anderer. Die Krankenkasse ist bezahlt und der Kühlschrank voll. Und ich kann die Kosten für das Studium als einkommensmindernd absetzen und erziele einen höheren Freibetrag.
Dem Kunden ist egal, ob ich einen Abschluss habe oder nicht. Der Kunde möchte jemanden, der übersetzen kann und BILLIG ist. Der Hochschulabschluss ist bloß eine Frage der Ehre, ein persönliches, kleines Egoding, so notwendig wie ein Kropf. Ich möchte etwas, das ich gerahmt an die Wand hängen kann.
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