Solche Termini erwecken für mich unliebsame Lecktüre-Abbruch-Erinnerungen. Es gab etliches, daß ich abgebrochen habe, weil sich der anspruchsvolle Titel schon auf der ersten Seite des Inhaltsverzeichnisses als Bockmist geoutet hatte - das ist mir alles nur als amorpher Misthaufen erinnerlich. Aber die Bücher, die ich abgebrochen habe, weil ich ihnen nicht gewachsen gewesen war, sind schreckliche Erlebnisse, so schrecklich wie Dostojewski's »Idiot«, den ich an einem einzigen Wochende zuende gelesen habe auf der verzweifelten Suche nach einer Art Handlung. Am schlimmsten war Canetti's »Blendung« gewesen - jeder Mensch, der nicht total verblödet oder vertiert ist, identifiziert sich mit dem Sinologen Kien, und leidet mit ihm, und diese Leiden konnte ich einfach nicht weiter, als etwa S. 120 ertragen. Und dann gab es den »Dr. Faustus« meines in jungen Jahren so geliebten Thomas Mann (»zweiter stellvertretender Buchhaltungskonzeptionist« - Tucholsky). Mein alter Lehrer pflegte zu sagen, als »junger Bursch« (er war bekennender Franke) liest man gefälligst Thomas Mann, Hesse oder Kafka - oder man ist eh blöd. Ich las also Thomas Mann, und an »Doktor Faustus« bin ich verzweifelt, weil ich den musiktheoretischen Ausführungen ab einem sehr frühen Punkt der Vorträge dieses Mephistopheles in dem Bildungsverein dieser sächsischen Kleinstadt nicht mehr zu folgen vermochte. Selten habe ich mich für eine meiner zahlreichen Bildungslücken so geschämt.
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