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Wai Thang schrieb am 1.6. 2020 um 23:04:21 Uhr über

Exekution

Eine bevorstehende Hinrichtung war dadurch erkennbar, das der Gefangene auf die Gefängnisinsel verlegt wurde. Erst 48 Stunden vor dem Ereignis erfuhr er dann das genaue Datum seines Todes. Für uns Wärter war die Begleitung von Hinrichtungen auch immer ein unangenehmes Ereignis. Die Tötung von Mördern war etwas einfacher, da man hier zumindest ein Todeswürdiges Vergehen voraussetzen konnte. Dieses Mal war allerdings die Erschießung eines 19jährigen Drogenhändlers angesetzt. Getötet wurde traditionell abends um 22:30 Uhr. Um 20:00 Uhr musste sich der Gefangene in der Zelle vollständig entkleiden und die Sterbewäsche anlegen: Während der Exekution würde er nur noch mit einem Slip bekleidet sein, darüber waren bis zum Aufschnallen auf das Todesgerüst noch ein Hemd oder T-Shirt sowie über dem Slip eine Shorts erlaubt. Wie die meisten Todeskandidaten hatte er darum gebeten, statt der Gefängnisunterhose eine von Angehörigen mitgebrachte Slipbadehose anlegen zu dürfen, was ihn im letzten Moment im Gegensatz zum Unterwäscheslip einen letzten Rest von Würde erhalten sollte. Es handelte sich um eine Badehose der Markearenaaus einem glänzenden blauen Stoff mit weißen Seitenteilen. Darüber zog er ein graues Muskelshirt und kurze blaue Kickbox-Shorts aus Satin. Draußen vor dem Gefängnisgebäude fuhr bereits das Erschießungskommando vor, das aus Angehörigen der Armee bestand. Dann näherte sich der Zeitpunkt der Vollstreckung. Um 22:00 Uhr holten wir den Gefangenen im Begleitung des Priesters aus der Zelle. Zunächst wurde kurz die Shorts heruntergezogen, um die Hinrichtungshose zu kontrollieren, dann brachten wir ihn in den Geländewagen, der uns zur etwas vom Gefängnis entfernt angelegten Hinrichtungsstätte fuhr. Die Hinrichtungsstätte war ein mit einer Mauer abgeriegelter großer Platz, auf dem sich ein aus Holz gebautes Todesgerüst zum Fixieren des Delinquenten befand, das mit seiner Konstruktion aus Balken und Sprossen aussah wie ein Klettergerüst auf einem Abenteuerspielplatz. Anders als in Thailand wurde das Urteil nicht durch eine Maschinengewehrsalve in den Rücken, sondern durch Gewehrschüsse in die Brust vollstreckt. Der Gefangene wurde aus dem Geländewagen geholt, nach dem Ausstieg wurde ihm von einem Kollegen bereits das Muskelshirt ausgezogen. Dann musste er sich barfuß auf die untersten Sprossen des zum Gerüst gehörenden Sprossenpfahls stellen, welcher nicht senkrecht im Boden stand, sondern leicht nach Hinten geneigt war, so dass der darauf Fixierte mehr lag als stand. Mit einem Seil fesselten wir ihn dann im Brustbereich auf dem Gerüst, bei dem in dieser Höhe Bretter als Kugelfang die Rückenlehne des Verurteilten bildeten, da die Fixierung auch die Bewegung der Arme stark einschränkte, wurden die Hände nicht extra gefesselt, sondern nur hinter die Sprossen gelegt. Mein Kollege verlas das Todesurteil, dann musste ich ihm die Shorts von den Beinen, die ebenfalls nicht extra festgebunden wurden, ziehen. Ich fragte ihn nach seinen letzten Worten, die angebotene Augenbinde lehnte er ab. Der Priester trat heran und erteilte dem Todgeweihten die Absolution. Dann war es Zeit für den Tod. Das Erschießungskommando nahm Aufstellung. Während der Exekutionsleiter seine Fahne hob, drehte der Todeskandidat seinen Kopf zur Seite, um nicht in die Mündungen sehen zu müssen. Punkt 22:30 fiel die Fahne, Schüsse knallten. Arme und Beine des Gefangenen bewegten sich noch einige Sekunden, er stöhnte und rang nach Luft. Der Priester trat sofort wieder heran, um dem Sterbenden die Hand zu halten und geistlichen Beistand zu leisten. An der Stelle, an der der Unterleib über den Pfahl gerutscht war, waren in Höhe der Beinlöcher des Badeslips Kotspuren auf dem Holz zu sehen. Dann sank der Körper mit ein paar letzten Zuckungen und einem letzen Röcheln endgültig zusammen. Aus dem blauen Glanzstoffs der Badehose floss jetzt an der Stelle, die die Penisspitze verbarg, eine größere Menge Urin. Der Gefängnisarzt stellte den Tod fest. Von einem Hydrantenkasten aus wurde ein Schlauch ausgerollt, um den Leichnam vor dem Einsargen von Urin und Stuhl zu reinigen. Schließlich fassten wir seine Hände und Füße, schnitten das Fesselseil durch und ließen den Toten in den jetzt vor dem Gerüst stehenden Sarg gleiten.


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