Sie trägt Leinensachen in Naturfarben und - meistens - nix drunter. Sie ist zwischen Ende zwanzig und Anfang fünfzig und ziemlich fit. Fleisch ist sie natürlich keines, aber dafür erzählt sie ihren Freundinnen und Freunden ausgiebig über ihre Masturbationstechniken zur Erzielung eines »kosmischen Orgasmus«. Sie macht zweimal die Woche Joga und ist im Urlaub meistens auf irgendwelchen Seminaren: Kreatives Schreiben, Steinbildhauen, Heilen mit Kräutern undsoweiter, wasses halt so gibt. Bei diesen Seminaren lacht sie sich an den ersten Tagen eine Affaire an - es muß aber wirklich nicht unbedingt immer ein Schwanzträger sein. Manchmal bringt sie ihre jeweiligen Affairen ein bischen durcheinander, und verkündet dann, sie hätte von Sex die Nase voll. Aber in vier Wochen ist sie wieder bei einem Tantra-Seminar, wo alle naggisch rumhängen und an sich rumfummeln. Sie trinkt übrigens wenig Alkohol, meistens irgendwelche Tees, und sie ist ein treuer Kunde ihres Bio-Ladens, sofern sie nicht selbst einen betreibt. Wenn sie keinen Bio-Laden hat, dann ist sie Musiklehrerin, oder Angestellte bei der AOK oder arbeitet in einem Buchladen. Ihre Altbauwohnung ist ein vollgestopftes new-age-Museum, das allmählich einstaubt, und ihr Konto ist ständig überzogen. Ihre Unfähigkeit, mit Geld umzugehen, ist für sie eine Tugend: sie ist eben nicht materialistisch eingestellt. Geld ist unwichtig - sie kümmert sich um die wichtigen Dinge im Leben.
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