Das Geheimnisses des Erfolges wird in Millionen Auflagen im Buchhandel verscherbelt. Jedermann und jede Frau kann sich für eine Investition von vielleicht 40 DM seine / ihre persönliche Rezeptur aus dem Buchregal fischen.
Die Ideologie des » Erfolg ist machbar « individualisiert das Scheitern, z.B. am Arbeitsmarkt. Jeder Mensch ist ganz allein verantwortlich dafür, dass er oder sie es nicht schafft, einen Arbeitsplatz oder (für ganz Anspruchsvolle) eine Arbeit, die Spaß macht zu finden. 3,5 Millionen Arbeitslose in Deutschland können sich an die eigene Nase fassen. Bzw. ihnen wird die lange Nase gedreht, denn die Ideologie zeigt Konsequenzen: Wenn jeder für sein Glück und seinen Erfolg zuständig ist, wenn alles immer nur davon abhängt, sich so zu verhalten, dass der Erfolg kommen »muss«, dann braucht sich die Gesellschaft doch nicht mehr um die Erfolglosen kümmern? Drücken wir ihnen eines dieser Patentrezeptbücher in die Hand und überlassen wir sie ihrem Schicksal. Wollen mal sehen, was sie aus ihrem Leben machen... Und wenn sie nichts draus machen ist der Fall klar: Alles faule Säcke!
Aber das Geheimnis des Erfolges des Erfolgsgeheimnisses, das steht in keinem Buch: Die psychologiekundigen Autoren machen uns weise, dass man, wenn man sich so und so verhält, diese oder jene Regeln beachtet, unweigerlich zum Ziel seiner Träume gelangt. Der Leser vergisst darüber die Auflage des Buches, hält sich quasi für den alleinigen Entdecker der Rezeptur. Viele Hundertausende beginnen, sich nach Rezept zu verhalten und müssen scheitern! Denn das Verhalten, von Hunderttausenden reproduziert, kreiert keine Besonderheit, sondern produziert eine neue Normalität. Und das Individuum sticht in der Normalität nicht heraus. Erfolg ist aber keine Normalität, Erfolg ist per definitionem etwas Besonderes.
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