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bernie schrieb am 19.3. 2002 um 13:31:29 Uhr über

Entomologe

Bereits 15 Mnuten nach dem letzten Atemzug legen Fliegen ihre Eier in Augenhöhlen, Nasenlöcher
oder Mundhöhle und - je nach Todesart - in Stichwunden oder Schußkanäle. Aus Eier schlüpfen Maden, die sich blind und hungrig durch die Haut und Organe fressen. käfer ernähren sich von Haaren und Knochenmark und am Ende, wenn kein Fleisch mehr übrig ist, schwirrt vielleicht eine Biene vorbei, die ihr Wabennest unter das Brustbein baut.

Aus der Sicht des Insektenforschers Benecke ein außergewöhnliches Schauspiel: »Als würde man aus dem All der Besiedlung eines Planeten zuschauenJede Spezies bevorzugt ein anders Lebenssadium und eine ander Umgebung - so kann ein sogenannter Entomologe oft genau verfolgen, wie lange die Leiche wo gelegen hat. Eine Frage, bei der andere Rechtsmediziner manchmal passen müssen - vor allem, wenn sich die Überreste längst in Brei verwandelt haben.

In Maryland fanden Spaziergänger die stark verwesten Überreste einer jungen Frau. Der Entomologe fischte Maden aus der Leiche, die es in der ländlichen Umgebung des Fundorts nicht gab - die Arten gehörten zu den Speies einer Großstadt. Des Rätsels Lösung: Die Prostituierte war von einem Truckfahrer mitgenommen worden. Der Mann hatte sie erwürgt, war aus der Stadt geflüchtet und fuhr - mit der Leiche in der Füherkabine - tagelang ziellos durch die egend. Schließlich ließ er die Tote in einem Waldstück abseits des Highways liegen.

Während sich Benecke nach dem Studium der Biologie noch auf seine Promotion zum Rechtsmediziner (*) in Köln vorbereitete, mußte er einen ähnlichen Fall untersuchen: Ein Junkie, identität unbekannt, den die Polizei in einem Park gefunden hatte. »Der Mann war offenbar schon am Vorabend gestorben, die Eier in Augen und Nase aber waren erst wenige Stunden altDie Mitbewohner des Süchtigen hatten die Leiche aus Angsst vor der Polizei loswerden wollen, se aber erst noch eine Zeitlang in der Wohnung liegenlassen, bevor sie den Körper im Park entsorgten.

Für Benecke war der Fall eine Art kriminalistischer Durchbruch, den er jedoch mit niemandem teilen konnte: »Es gibt kein stärkeres Tabu als den Tod, das mußte ich erst lernenSeine Leichen waren zu Hause oder bei Freunden niemlas ein Thema. Daß er in der ersten zeit nur ungern schlief, hat nie jemand erfahren. »Die Alpträume haben sich nach ein paar Wochen wieder gelegt«, sagt er.



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