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wuming schrieb am 6.5. 2003 um 02:49:09 Uhr über

Empire

wissenlosesten, mörderischsten und grausamsten Gewaltlierrscliers seiner Zeit, Cesare Borgia. Er ließ seine Rezepte in der Aufforderung an Lorenzo gipfeln, mit dessen Machtteclinikeii die absolute Herrschaft Italiens zu ergreifen, zur Ehre des Vaterlands und Befreiung von den (französischen) Invasoren. Zur Leitlinie eines neuen postfeudalen Politikverständnisses propagierte er dementsprechend die sich über alle moralischen Gebote hinwegsetzende Effizienz politischer Machttechniken, die allenfalls auf den Schein von Milde, Barmherzigkeit, Menschlichkeit, Aufrichtigkeit Wert legen solle, um jederzeit zu Hinterlist, Täuschung, Betrug, unmenschlicher Gewalt und barbarischer Grausamkeit übergelien zu können .41 Die Effizienz bei der Machtergreifung über eine Stadt mit bis dahin eigener, gar freier Ordnung könne als sicheres Mittel sogar die völlige Zerstörung und Vernichtung gebieten bis hin zur totalen Deportation der Bevölkerung, um »nichts im Lande auf seinem Fleck (zu) lassen «43 - eine Zerstörungspolitik der sozialen Tabula rasa. Der Fürst dürfe sich nur auf seine eigene Stärke und %ju%Vuit ii(feitf stutzen, »denn der Pöbel lässt sich immer von dem Schein und dem Erfolg mitreißen; und auf der Welt gibt es nur Pöbel; die wenigen bewirken nichts, wenn die Vielen (im Staat) einen Rückhalt haben «44 , wobei Machiavelli Religion als ideologisci)es Unterfutter für unerlässlicii hielt'2'(mit Reserve gegen die zur Weibisclikeit erziehende christliche''). Je nach Zeiturnständen solle der Fürst eher auf Draufgängertum setzen als auf Besonnenheit oder Glück, »denn Fortuna ist ein Weib, und es ist notwendig, wenn man sie niederhalten will, sie zuschlagen Und ZU Sto&n.,47

Gegen das grassierende Söldnerturn rät er dem FÜrsten zu Armeen aus eigenen Untertanen, Bürgem oder »deinen Gefolgsleuten« (creati tuoi, deinen Gescliöpfen)41.

Das Lehn-natefial gewinnt Macliiavelli in den Discorsi und auch (gemischt mit zeitgeschichtlichen Erfahrungen) im Principe aus dem Altertum und vor allem dem römischen Reich, dessen Mischung aus Elementen der Fürsten-, Adels- und Volksherrschaft

42 Fürst insbes. Kap. Viii, Xii, xviii.
43 Fürst V, Discorsi 1, 26. Fürst XIX.
45 Discorsi 1, 1 1.
46 Discorsi 11,2.
47 Fürst XXV.
4X Fürst XIII.

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und dessen Expaiisionstechnikeii er als Vorbild liinstellt (H/Ns Gefolgschaft ist auch hier offensichtlich)."
Machiavelli's Rezeption ist lange Zeit von moralinsaurer Reaktion zweifelhaften bis eindeutigen (Friedrich der Große) Interesses bestimmt gewesen. Dagegen wurde er zurecht vielfach in Schutz genommen und sogar zum Mitbegründer einer modernen Politologie erklärt. Praktisch in Anspruch genommen wurde er hauptsächlich von rechts: von Fichte in der Begründung der antinapoleonisclien deutschnationalen Energien, von Hegel im Ruf nach der Überwindung der Kleinstaaterei zu einem gesamtdeutsehen Nationaistaat. Der italienische Faschismus berief sich auf ihn - Mussolini ließ es sich nicht nehmen, einer Ausgabe von Macliiavellis Schriften seine eigene Einleitung voranzustellen. In Deutschland hat der selbst ernannte Führer natioiialsozial istisclier Soziologie Hans Freyer Maciiiavelli 1938 ein Buch gewidmet.
Wie aber wollen H/N die linken Adressaten ihres Buclis in die Gefolgschaft Macliiavellis einreilien? Nun, propagandistiscli bedienen sich H/N auf geradezu machiavellistiscii-betrügerisclie Weise desselben Etikettenscliwindels (dazu unten noch einige Anmerkungen), mit dem sie Nietzsche's barbarische Herrenmenscheu zur linken Bewegung umfälsclien. Maciiiavelli wird als Exponent der »Renaissance-Revolution« ohne Beleg und Zitat unverfroren zu einem Demokraten deklariert, der die Freiheit aller im Sinn gehabt hätte.
Aber warum das Ganze? Warum überliaupt Macliiavelli, warum das historische Projekt des absoluten Fürsteii zu analoger Anwendung bringen? Dahinter steckt also mehr. Wenn wir den Sclileier der verschwommenen Darstellungen, in dem sie Machiavelli's Auftritt einlullen (seine Zitate eignen sich halt (noch) nicht für die linken Adressaten), etwas lüften, stoßen wir zum methodischen Kern des Buclis vor: die Propaganda für die prophetisclie Machtergreifung selbst ernannter, selbstkonstituierter Eliten zur Durchsetzung eines hegei-nonialen Projekts postmodemer Produktivkraft. Auch hier vermeiden HfN eine deutliche Sprache. Sie stellen uns Machiavelli durch die Brille Louis Althussers vor. Der habe in »Macliiavel et nous« (»Macliiavelli und wir«") die begründete

49 vor allem Discorsi 1,23; 11, 1-6.
L. Altliusser, Maciiiavel et nous, in: Ecrits philosophiques et politiques 11, Paris 1995, S. 39.

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