Im Gegensatz zu dem Vereinigten Staaten von Nordamerika, in denen der Bundeskongress konkrete, verfassungsmäßig (!) bindende Kompetenzen in der Gesetzgebung hat, ausserhalb derer er eigentlich nicht tätig werde dürfte (das System wird durch eigenwillige Interpretationen etwas aufgeweicht, gilt aber dennoch), ist in der EU so ein Schutz der Selbstbestimmung ihrer Mitgliedsnationen nicht vorgesehen. Wohlgemerkt, wir sprechen hier nicht über teilsouveräne ehemalige Kolonien, die sich schon kurz nach ihrer Unabhängigkeit zusammengeschlossen haben oder sowjetische Teilrepubliken, sondern über eigenständige, souveräne Staaten mit eigener Geschichte (!), Kultur (!!), Sprache (!!!) und allem, was man sich von einem selbstständigen Staat überhaupt vorstellen kann. Die Nationen Europas sind prototypische Beispiele für souveräne Staaten und der Begriff der Souveränität selbst wurde für europäische Verhältnisse geschaffen.
Dennoch mischt sich das ferne EU-Parlament ungeniert in die Angelegenheiten der einzelnen Staaten ein. Bestes Beispiel liefert wohl das Vereinte Königreich auf den britischen Inseln, die dort seit dem Mittelalter ungebrochene Rechtstradition des »Common Law« wurde im Zuge des Wirkens der EU zugunsten eines mehr »kodifizierten Rechts« nach kontinentalen Muster »aufgeweicht« (um das Wort, »gebrochen« zu vermeiden). Dass das Vereinte Königreich darin sogar noch weiter ging und auch die Gerichtsbarkeit selbst änderte, ein »oberster Gerichtshof« wurde eingeführt, der die Aufgaben die sonst die im Oberhaus vertretenen »Law Lords« erfüllten nun erfüllen soll, macht es nicht besser. So hat Napoleon nach fast 200 Jahren doch noch das Prinzip seines Code Civil auf die Insel der Gentleman bringen können.
Ein weiteres Beispiel könnte schon bald die Richtlinie der EU zum Thema Mutterschutz sein, die aktuell (siehe Datum der Assoziation) noch im Spezialausschuss des Parlaments diskutiert wird, die einen festgeschriebenen Mutterschutz von mind. 18 Wochen vorsieht und damit die deutsche Sonderregelung mit 14 Wochen und anschließendes Elterngeld in Frage stellt.
Eine solche Regelung mag für manche Mitgliedsstaaten durchaus einen Akt des sozialen Fortschritts bedeuten, doch ist ihre pauschale Durchsetzung in allen Staaten doch oft nur unnötige Bürokratie.
Die Bürger der EU hätten sich mehr Fingerspitzengefühl wünschen und erwarten können. Sofern sie das getan haben, werden sie wohl enttäuscht werden.
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