[sfv-rundmail] 14.04.03 Noch tausend Jahre bis zur Energiewende?
Liebe Solarfreunde,
in der Solarszene gibt es dramatische Meinungsunterschiede über die Lage des
Photovoltaikmarktes. Während die Fachverbände und viele Solarinitiativen
stolz auf das Erreichte zurückblicken, warnt der Solarenergie-Förderverein
(SFV) mit einem Seitenblick auf die Erfolge der Windenergie vor einem
Absinken der Photovoltaik in die Bedeutungslosigkeit.
Solche Bewertungsunterschiede führen zu unterschiedlichen Forderungen zur
Ausgestaltung des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG).
Wer mit dem bisher Erreichten einigermaßen zufrieden ist, legt den
Schwerpunkt seiner Forderungen auf die Absicherung des Erreichten. Es wird
ihm im wesentlichen ausreichen, wenn der zukünftige Wegfall des 100.000
Dächer Solarstromprogramms (HTDP) durch eine Anhebung der Einspeisevergütung
auf 65 Ct/kWh ausgeglichen wird. Die vom Solarenergie-Förderverein
geforderte Anhebung auf 80 Ct/kWh hingegen empfindet er als politisch
gefährlich, weil sie den Eindruck der Unersättlichkeit erwecken, die Gefahr
einer Überförderung beinhalten und die Akzeptanz der PV-Förderung insgesamt
erschüttern könne.
Der Solarenergie-Förderverein sieht dies anders. Mit dem folgenden
Grundsatzbeitrag möchten wir die Hintergründe der SFV-Forderung nach einer
kostendeckenden Vergütung von 80 Ct/kWh erläutern.
Vorab eine Erkenntnis, die sich in der Solarszene noch nicht so recht
herumgesprochen hat, weil man gewöhnt ist, die Diskussionen nur mit den
wenigen pro-solar eingestellten »Solarpolitikern« der Fraktionen zu führen:
Die Grundsatzfrage, um die es geht, lautet nämlich zunächst nicht, welche
Höhe die Einspeisevergütung haben müsse, sondern sie lautet, warum der
deutsche Stromverbraucher überhaupt noch Gelder zur Markteinführung der
Photovoltaik bereitstellen soll!
Betrachten wir doch einmal die bisherige Entwicklung ungeschminkt vom
Standpunkt eines skeptischen Beobachters aus:
Die PV ist zwar billiger geworden, gehört
aber auch nach 13 Jahren staatlicher
Förderung zu den teuersten Techniken der
Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien
überhaupt. Solarstrom ist zehnmal so teuer
wie Windstrom.
Die PV ist seit ihrer Förderung von Jahr zu
Jahr gewachsen, aber die PV deckt zur Zeit
noch nicht einmal 0,1% der deutschen
Stromversorgung.
Bei einer Fortsetzung der jetzigen jährlichen
Zubauraten wird die PV in 50 Jahren nur etwa 2%
der deutschen Stromversorgung ausmachen.
Wer diese Entwicklung als gegeben hinnimmt und keine bessere
Zukunftsprognose anbieten kann, dem fehlt jedes Argument für eine
Fortsetzung der Photovoltaik-Förderung. Der Verband Deutscher
Elektrizitätswerke (VDEW) hat dies längst erkannt und wird nicht müde, eine
weitere Förderung der Photovoltaik als energiepolitisch sinnlos anzuprangern.
Stellen wir dagegen unsere Sicht der Dinge dar:
Der Einstieg in eine sich selbst tragende
Massenproduktion ist bisher nicht gelungen.
Dies liegt aber nicht daran, dass er nicht
möglich wäre, sondern daran, dass die
Förderpolitik sich nicht an ihre selbst
erarbeiteten Grundsätze gehalten hat:
Im Anhang B zum Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) §§ 4 bis 8 ist ausdrücklich die Rede
von einer "marktüblichen Verzinsung des
eingesetzten Kapitals".
Bei Festlegung der PV-Vergütung hat der
Gesetzgeber diesen Grundsatz ignoriert und
damit den bisherigen Misserfolg provoziert.
Der erste und einzige Ansatz für einen
Einstieg in die Massenproduktion entstand
fast zufällig im April 2000. Er wurde jedoch
durch den Bundeswirtschaftsminister rasch im
Keim erstickt. Damals wurde nach Einführung
der 99 Pf/kWh-Mindestvergütung das parallel
laufende 100.000-Dächerprogramm erheblich
verschlechtert mit dem wirtschaftlich
unsinnigen Argument, man müsse eine
»Überhitzung des Marktes« verhindern.
So wurde der damals einsetzende Solar-Boom
abrupt beendet. Seitdem dümpelt der PV-Markt
auf niedrigem Niveau dahin - begleitet
von den obligatorischen Erfolgsmeldungen der
Solar-Fachverbände, die jeden Wiederaufstieg
aus einem Auftragseinbruch als großen Erfolg
feiern, deren angestrengte, verkaufspsychologisch
motivierte Begeisterung die erhoffte Kundschaft
aber dennoch nicht herbeizaubert.
Wir beim Solarenergie-Förderverein jedenfalls
beurteilen die Entwicklung grundlegend anders.
Die PV hat das größte Potenzial aller Techniken
zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien
im Binnenland. In Deutschland könnten weit über
30% der Stromproduktion aus PV-Anlagen kommen.
Die PV besitzt das größte Preissenkungspotential
aller Erneuerbaren Energien. PV-Strom wird nach
einer erfolgreichen Markteinführung billiger
angeboten werden können als jeder andere Strom
aus Erneuerbaren Energien.
Voraussetzung für dieses Ergebnis ist
allerdings das Erreichen der Massenproduktion -
ist der entschlossene politische Wille zum Erfolg.
Kampfsportler imponieren ihren Zuschauern gelegentlich damit, dass sie mit
einem entschlossenen Handkantenschlag einen Ziegelstein spalten, der auf
zwei Stützen liegt. Mental bereiten sie sich auf den zu führenden Schlag
vor, indem sie sich die zukünftige Position ihrer Hand nach Durchschlagen
des Steins weit unterhalb des Steins vorstellen. Sie haben dieses Ziel fest
im Blick und erlauben sich keinen Zweifel. Sie berichten aber auch von der
Gefährlichkeit halbherzig durchgeführter Versuche. Wer mit einem zögerlich
angesetzten Handkantenschlag versucht, den Ziegelstein zu zerbrechen, der
bricht sich eher die Handknochen.
Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, das eigentliche Ziel seines Handelns
im Auge zu haben. Lassen Sie uns deshalb über unser Ziel sprechen und wie
wir es schnell erreichen können:
Unser Ziel ist ein Anteil der PV im zukünftigen Strommarkt von über 30%.
Dazu müssen PV-Module mit einer Gesamtleistung von etwa 300.000 MW montiert
werden. Zur Zeit werden jährlich aber unter 100 MW montiert. Wenn wir in dem
Tempo weitermachen, brauchen wir noch weit über tausend Jahre.
Deshalb müssen die Zubauraten erhöht werden. Die PV-Technik braucht
Wachstum.
Ein jährliches Wachstum von 20% würde erst in
40 Jahren zum Erfolg führen.
Das vor wenigen Tagen veröffentlichte Gutachten
»Welt im Wandel - Energiewende zur Nachhaltigkeit«
des wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung
'Globale Umweltveränderungen' fordert mindestens(!)
30% Wachstum, welches in einer Dekade zu einer
Verzehnfachung führt.
Besser noch wäre ein Wachstum von 50%,
welches in 20 Jahren zum erwünschten Ziel führt.
Und wie erreichen wir das gewünschte Wachstum?
Unbestritten ist: Das Wachstumstempo hängt von der Höhe der
Einspeisevergütung ab. Diese muss einen wirtschaftlichen Anreiz bieten
entsprechend dem bereits weiter oben erwähnten Grundsatz einer
»marktüblichen Verzinsung des eingesetzten Kapitals«. Wir sprechen von
kostendeckender Vergütung (KV).
Und welche Höhe hat die KV?
Wichtiger Eingangswert für eine Renditeberechnung zur Ermittlung der KV ist
der marktübliche Installationspreis einer PV-Anlage. Der marktübliche
Installationspreis aber hängt vom wirtschaftlichen Umfeld ab.
Der Installateur, der in einer schlechten
Auftragslage verzweifelt nach neuen Aufträgen
sucht, verkauft im Notfall aus Liquiditätsgründen
seine Anlagen sogar unter dem Einkaufspreis.
Der marktübliche Installationspreis kann somit
in schlechten Zeiten sogar zeitweilig unter den
Herstellungskosten liegen.
Verständlicherweise gibt kein Installateur zu,
dass er »Selbstausbeutung« betreibt. Sein Renommee
könnte darunter leiden. So lange ihm das Wasser
nur bis zum Hals steht, zeigt jeder Geschäftsmann
ein optimistisches Gesicht. Und auch die ständigen
Erfolgsmeldungen der Fachverbände sind eher ein
Indiz für den Ernst der Lage.
Die Tatsache, dass seit zwei Jahren viele -
auch lang erfahrene - Solarinstallateure
Insolvenz anmelden mussten, lässt uns annehmen,
dass die augenblicklichen niedrigen
Installationspreise - aus denen viele
Solarinitiativen ihren Nutzen gezogen haben,
und die sie ihren Renditeberechnungen
zugrundelegen - bei einigen Installateuren
nicht einmal die Kosten gedeckt haben.
Der selbe Installateur würde bei boomender
Nachfrage für die gleiche PV-Anlage einen höheren
Installationspreis verlangen und erhalten.
Dies entspricht den Gesetzen des Marktes und
verschafft ihm die finanziellen Spielräume
zur Expansion seines Betriebes. Und diese
Expansion ist es ja gerade, die wir brauchen.
Eine genauere Analyse zeigt, dass in einer
Phase der wirtschaftlichen Expansion die Käufer
nicht nur die Kosten für ihre eigene Anlage
bezahlen, sondern darüber hinaus die Erweiterung
der Infrastruktur beim Installateur und indirekt
sogar beim Hersteller.
Wenn wir diese Erweiterung wollen, müssen wir
die Erhöhung der Installationspreise
akzeptieren.
Die Installationspreise hängen somit erheblich von der Auftragslage ab.
Umgekehrt hängt aber auch die Auftragslage davon ab, welche
Installationspreise geboten werden. Und dies hängt davon ab, welche
Einspeisevergütung die Betreiber erwarten dürfen.
Platt ausgedrückt:
Wachstum kostet Geld,
Dahindümpeln ist billig
und (fast) umsonst ist der Tod einer Technik.
Eine sogenannte »Überförderung« führt also nicht, wie es die Solargegner
gerne behaupten, zur »Überhitzung des Markts« oder zu »goldenen Nasen« bei
den Anlagenbetreibern, sondern führt im wesentlichen zu mehr Wachstum.
Unsere Nutzanwendung:
Wir müssen einsehen, dass die gegenwärtige »Selbstausbeutung« der
Installateure keine dauerhafte Grundlage für einen Wachstumsmarkt bieten
kann. Wir müssen uns von der Vorstellung trennen, dass man die notwendige
schnelle und nachhaltige Expansion des Solarmarktes mit den
Installationspreisen eines stagnierenden oder nur schleppend wachsenden
Marktes finanzieren kann.
Wir brauchen nicht nur eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals für den
Betreiber sondern auch für den Installateur und den Hersteller. Wir brauchen
gesunde Gewinnspannen in der gesamten Produktionskette vom Sand bis zur
Solaranlage. Wir brauchen endlich Wachstum für eine der wichtigsten
Zukunftstechniken.
Wir brauchen eine Kostendeckende Einspeisevergütung von 80 Ct/kWh.
Mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck
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