Als ich heute im Übersetzungskurs von M.V. gesessen habe und unter dem wachsamen Blick seines Master-Eyes kurz in den Blaster tauchte, hätte ich mich fast bepisst vor lachen. Glücklicherweise hatte M.V. eine andere Übersetzung beim Wickel.
Was immer ich tue, ich schaffe es nicht, einen französischen Satz zu fabrizieren, der ihm gefällt. Es ist schlichtweg unmöglich, vernünftig in die Fremdsprache zu übersetzen. Ich bescheide mich einstweilen damit, etwas inhaltlich Korrektes zu basteln - Scheiß auf den Rest! Den anderen geht es genau so. Sisyphos hatte auch nicht mehr Spaß an seiner Arbeit... Nur dann, wenn ich ins Deutsche übersetzen darf, laufe ich zur Hochform auf! Aller Augen füllen sich mit Tränen, Jubelrufe werden laut, und am Ende tragen mich jauchzende Kommilitonen aus dem Interim-Seminarraum. Neid ist das größte Kompliment. Ach, egal... ich weiß, dass ich nichts weiß. Ich werde diese verfickte Fremdsprache irgendwann knacken - M.V. hat gemeint, ich müsse es halten wie ein Wadenbeißer. Einfach dran bleiben! Recht hat er... schließlich konnte ich kein Wort Französisch, als ich bei ihm angekommen bin. Und die lieben Mädels haben keine Gelegenheit ausgelassen, mich dumm zu machen. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Begabung rules! Das kann man nicht kaufen! Ich habe mir bescheidenen Ruhm erworben und genieße es. Und in zwanzig Jahren werde ich auch im Stande sein, französische Fachtexte zu schreiben, die nicht auffallen. So, wie M.V deutsche Texte schreibt, die nicht auffallen! Bis dahin muss ich geduldig und fleißig sein.
Am Besten lerne ich durch Schmerzen. Eine Rüge von M.V., und ich mache den Fehler kein zweites Mal. Leider sind wir zwanzig Leute, und ich werde nicht oft genug zusammengestaucht. Trotzdem kann ich zufrieden sein: in den letzten drei Jahren habe ich sagenhafte Fortschritte gemacht; ich lese französische Bücher genauso schnell wie deutsche, und allmählich schleicht sich ein gewisses Geschick im Umgang mit französischen Versatzstücken ein. Die erste Durststrecke war überwunden, als Französisch mein Englich und mein Russisch überholt hatte. Und mein Arabisch ist auf dem Stand, auf dem mein Französisch vor drei Jahren war. Alles ist ausbaufähig. Ich bleibe weiter dran. Das ist mein Ding, meine Bestimmung und mein Schicksal: Texthure. Wahrscheinlich sehen die meisten, die von sich behaupten, sie beherrschten eine Fremdsprache, die ganze Angelegenheit nicht so verbissen wie ich. Beherrscherwut. Ich kann mich nicht auf keinen Lorbeeren ausruhen... andere radebrechen und denken, sie hätten es drauf. Man werfe einen Blick in den GayRomeo... oder in einen Hörsaal, in dem Kunstgeschichtehauptfachmädchen mit einer Sprache im Nebenfach sitzen.
Und all das ging mir durch den Kopf, während ich im Interim-Seminarraum kurz den Blaster gestreift hatte. Du-hast-ein-Herz-aus-Scheiße sprang mir entgegen und ich dachte, das ist es!
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