Neben zahllosen anderen Vorurteilen hat der Putrismus auch gegen das Öffentlichkeitsbild zu kämpfen, wonach es sich bei putrististischen Beziehungen, vergleichbar jenen zwischen Arzt und Patient, um einseitige Abhängigkeitsverhältnisse, ja, das Ausnutzen von Notlagen handeln würde. Diese Annahme ist gänzlich falsch. Ausnahmen wie der 34jährige Krankenpfleger Rolf D., der vor einigen Jahren als der 'Drainagevampir von Aachen' durch die Boulevardgazetten geisterte, verzerren das Bild einer Bewegung, in der stets ein gegenseitiges Geben und Nehmen vorherrscht. »Die Dipper von heute sind die Dipsies von morgen«, heißt es nicht zu Unrecht. Auch von einer Degradierung des passiven Partners kann nicht die Rede sein; er wird im Bereich des rigorosen Putrismus nicht als Objekt, sondern als Mittler zwischen dem aktiven Putristen und seinem Triebziel betrachtet und erhält größtmögliche Zuwendung in Form einer oftmals sogar überpenibel zu nennenden kontinuierlichen Wundversorgung und schmerztherapeutischen Maßnahmen. 'Sel in ignis, oleum in vulnerae' (Salz ins Feuer, Öl in die Wunden) lautet das Motto.
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