Haut des heiligen Dorotheus, 12. Mai 2001
Die drey überzeugten sich gleich selbst durch den Sinn ihres Gefühls von der Nachricht der Modesta, und flüsterten den übrigen Schwestern ins Ohr, daß die Jesuiten unredlich gehandelt und wesentliche zu der heil. Haut gehörige Stücke zurück behalten hätten. Nun war in dieser Nacht im ganzen Kloster an keinen Schlaf zu gedenken. Die vier Schwestern berathschlagten sich bis zum Chore, und nach dem Chore bis zum hellen Tage über den Verlust, und die andern Nonnen quälten sich mit Nachsinnen, was das eigentlich seyn müsse, was der heiligen Haut abgänge? So bald der Kaplan mit der Frühmesse fertig war, übergab ihm die Oberin ein versiegeltes Schreiben an den Bischoff, unterschrieben von ihr und den vier Vertrauten, welche alle auf ihr Gelübde betheuerten, daß sie vormals in der Haut gleich bey der ersten Findung und während des Besitzes in der Folge sehr oft, in der Gegend der Mitte zwey dem äußerlichen Gefühle nach fast runde ausgetrocknete Küchlein mit leiblichen Händen gegriffen hätten, welche dermalen nach der Zurückgabe gänzlich mangelten, folglich entgegen der heiligsten Sentenz des Papstes von den Jesuiten zurückbehalten und vielleicht gar gewaltthätigerweise mit Messern ausgeschnitten worden wären. Sie, die betrübten Schwestern, nebst dem ganzen tiefgebeugten Kloster fühlten diesen Verlust um so mehr, weil das Heiligthum nun seine vornehmste Zierde verloren habe, und sie zu einer verstümmelten und eines so wichtigen Unterscheidungszeichens beraubten Reliquie weder Trieb zur Andacht noch Lust und Freude haben könnten.
(Fortsetzung folgt!)
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