Galt die Annahme der Domestizierung-der-Frau bis in die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als conditio sine qua non auf dem Weg des homo sapiens zum Kulturtier, so haben die zum Teil aufsehenerregenden Entdeckungen der letzten Jahre viel dazu beigetragen, die Gender–Anthropologie vom Kopf auf die Füße zu stellen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der Stand der Forschung wie folgt: Bis weit in die mittlere Steinzeit dominierte eine völlige Scheidung der Geschlechter. Den Tierwanderungen folgenden nomadisierenden Männerhorden standen ortsgebundene Frauengruppen gegenüber, die hauptsächlich eine Subsistenzwirtschaft auf der Basis von Wurzeln, Gräsern und Pilzen fristete. An eine auf erotische Anziehung gegründete Vermengung dieser Parallelgesellschaften war nicht zu denken, wie auch die Auffindung der Felsmalereien von Vitramo Maggio belegt, deren dort abgebildete Figuren ausnahmslos im homosexuellen Akt befasste Männer darstellen, während eine hiervon abgegrenzte Frauengruppe zusammen mit Urpferden, Raubkatzen, Büffeln und Hirschen klar geschieden der Tierwelt zugeordnet wird. Die von den neolithischen Menschen offensichtlich als Grundlage der Fortexistenz der Stammesgruppen anerkannte geschlechtliche Vermehrung fand, wie eindrucksvolle Fundbeispiele der letzten Zeit belegen, hauptsächlich in Form von Seminaltributen statt; die im Gletscher von Usqsuqtuuq aufgefundenen Samentaschen beweisen dies ebenso wie die kürzlich erfolgte DNA–Analyse des vermeintlichen Zundersäckchens des Ötztalmannes. Es liegt jedoch auf der Hand, dass diese Urform der künstlichen Befruchtung vielen Fährnissen unterworfen und längst nicht immer von Erfolg gekrönt war: Dies ist der Grund für die in fast jedem exkavierten Frauenlager zu findenden Zwingkavernen, in denen letzten Koprolithanalysen zufolge ausschließlich gefangen genommene Männer oder zum Zweck der Vermehrung aufgezogene männliche Nachkommen ein vermutlich überaus unglückliches Dasein fristeten. Die unwirtlichen Lebensbedingungen dieser Zeit jedoch ließen im Lager der Frau (nachfolgend 'Weib' genannt) zunehmend den Wunsch nach dauerhafter männlicher Assistenz zum Ausgleich ihrer unzureichenden physischen Zurüstung entstehen und es begann das, was der Paläokulturanthropologe Matthieu Millet als die 'Initialverpornung der Menschheit' bezeichnet: Die handwerklich begabteren Mitglieder der Frauenhorden begannen mit der nachgerade serienmäßig zu nennenden Anfertigung weiblicher Idolfigurinen, von denen die Venus von Willendorf das bekannteste Exemplar darstellt. Des nächtens heimlich in der Nähe der Männerlager, etwa an den Ausweide– und Defäkationsplätzen abgelegt, dienten diese Idole der schrittweisen Erweckung des ursprünglich nicht im steinzeitlichen Mann angelegten Begehren des Weibes. Zahllose im Zustand gänzlicher Unberührtheit aufgefundene Exemplare belegen, dass diese manipulative Technik zunächst auf nur geringe Gegenliebe der perfekt homosexuell organisierten Männerstämme stieß. Erst, als das Weib begann, sich in einem großen Akt der Kulturleistung der überprononcierten Körpergestalt der Steinidole anzunähern, etwa durch den Einsatz von Labienziehern und die Vergrößerung des Mammagewebes durch mittels Trepanation eingebrachter Pflanzen– und Insektengifte, muss es vor rund 15.000 Jahren, vermutlich im Gebiet des heutigen Carnac, erstmals zur Fusion einer Frauen– mit einer Männerhorde gekommen sein. Über die bis heute abzuarbeitenden Folgen dieses Entwicklungssprungs zu urteilen, ist nicht die Aufgabe der Genderarchäologie.
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