Der eschatologische Vorbehalt
Der Diskantiner
veröffentlicht einen literarischen Versuch
über den eschatologischen Vorbehalt.
In diesem Buch
wird alles, was dereinst passiert,
in kräftigen Farben ausgemalt.
Niemand hat es ihm diktiert,
dennoch ist es inspiriert -
denn der Zukunft sehr beflissen,
muss er es ja selber wissen.
Dieses Werk ermüdet sehr,
denn die Auslegung
in das hic et nunc
fällt sehr schwer.
Niemand drum versteht es richtig,
keiner nimmt es wirklich wichtig.
Denn der Diskantiner nur,
der ja lebend im Futur,
weiß wie nah das Ende ist.
All sein Mahnen, Drängen, Weisen,
erntet meistens nur den leisen
Spott verstockter Zeitgenossen.
Keiner sieht Harmaggedon,
Häme trägt er nur davon.
Das Gericht spürt niemand nahn,
allen Warnungen verschlossen
tanzt der Mensch auf dem Vulkan.
Der Diskantiner unverdrossen
ist zur Rettung fest entschlossen.
Er verdolmetscht seine Thesen,
Mensch, du sollst dies Zeugnis lesen !
Darum greift er zu dem Trick
und verpackt es
in Dogmatik,
schickt es an den Vatikan,
wartet lange Zeit sodann.
Doch nach einer Ewigkeit
urteilt seine Heiligkeit
zwar brüderlich, doch scharf und kalt:
“Abgelehnt – mit Vorbehalt,
es erweis
einstens seine Richtigkeit -
solang liegt es hier auf Eis.“
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