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Stöbers Greif schrieb am 8.2. 2000 um 20:18:17 Uhr über

Diner

Robert Walser

DAS DINER

Dieses Diner war entzückend. Senf gab´s genug, und das Ganze war von feinstem Wein begleitet. Die Suppe war freilich etwas dick, und der Fisch trug nichts zur Unterhaltung bei, aber das nahm ihm niemand übel. Gabel und Löffel klapperten lebhaft. Über die Tafel ergossen sich Saucen, die uns hinrissen, besonders mich, der vor Lust förmlich leuchtete und schier verging. Ein eben recht harter, wackerer Braten sorgte dafür, daß die Zähne tüchtig zur Anwendung gelangten. Ich ließ mir´s gefallen. Unter anderem wurde eine Ente serviert. Die Hausfrau lachte in einem fort ins Fäustchen, und die Diener suchten uns dadurch zu ermutigen, daß sie uns auf die Achsel klopften.
Köstlich war auch der Käse. Als wir aufstanden, flog jedem eine Zigarre in den Mund und ein Täßchen Kaffee in die Hand. Das Geschirr verschwand jeweilen, sobald es leer war. Wir wateten bis zum Hals in geistvoller Unterhaltung. Der Likör machte uns in ein schöneres Zeitalter schwimmen, und als sich eine Sängerin hören ließ, waren alle einfach weg. Nachdem wir uns erholt hatten, erschütterte uns ein Lyriker mit Gedichten. Immerhin floß noch Bier, und einer und der andere ließ sich´s wohl sein.
Unter den Gästen fand sich ein Erforner. Alle Bemühungen, ihn zu beleben, blieben erfolglos. Herrlich waren die Damenkostüme, die manches sehen und darum nichts zu wünschen übrig ließen. Einer erregte dadurch Aufsehen, daß er einen Lorbeerkranz trug, den ihm keiner mißgönnte. ein anderer polemisierte so lang, bis er sich isoliert sah, da es niemand bei ihm aushielt. Ein paar Musiker spielten Mendelssohn, wobei sorgsam gelauscht wurde. Ein Mensch zog mit erstaunlicher Geschwindigkeit eine Menge Westen und Kragen und Nasen ab. Der Spaß war etwas derb, doch man nahms nicht so genau. Ein Theaterdirektor phantasierte von kassenfüllenden Bühnen- und ein Verleger von epochemachenden Verlagswerken.
Beim Fortgehen drückte ich dem Diener eine Hunderternote in die Hand. Er gab sie mir mit den Worten zurück, er sei an höhere Löhne gewöhnt. Ich bat ihn, er möchte sich für diesmal begnügen. Draußen wartete ein Auto auf mich, das mit mir wegjagte, und so fuhr ich und tu das wohl noch heute.


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