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stopthewar schrieb am 15.2. 2003 um 10:31:50 Uhr über

DeutscheBank24






Nachspiel für ersten deutschen Vernichtungskrieg

Dirk Eckert 15.02.2003

Herero verklagen Deutschland auf Entschädigung

Die blutigen Niederschlagung des Herero-Aufstandes während der deutschen
Kolonialherrschaft in Namibia, bei der große Teile des Herero-Volkes ermordet wurden,
könnte fast 100 Jahre später ein gerichtliches Nachspiel haben. Die Herero People's
Reparation Corporation hat Deutschland und zwei deutsche Firmen vor US-Gerichten
auf jeweils zwei Milliarden Dollar verklagt. Die Eröffnung des Verfahrens wird für
März oder April erwartet.




Die Herero werfen Deutschland, der Deutschen Bank und der Schifffahrtsgesellschaft
Woermann-Linie vor, Gräueltaten und Massenmord an 65.000 Herero begangen zu haben.
Ursprünglich sollte auch die Terex Corporation verklagt werden, doch die Klage wurde
fallen gelassen, als die Firma angab, unter einem anderen Management gewesen zu sein, als
die kolonialen Gräueltaten begangen wurden.





Die Deutsche Bank war die wichtigste Finanzinstitution in Südwestafrika von
1890 bis 1915. Die Disconto-Gesellschaft, die 1929 von der Deutschen Bank
erworben wurde, kontrollierte zusammen mit der Deutschen Bank praktisch alle
Finanz- und Bankaktionen in Südwestafrika von 1890 bis 1915... Die Deutsche
Bank war direkt und indirekt über die Disconto-Gesellschaft ein entscheidender
Akteur bei den deutschen Kolonialgeschäften
begründete Philip Musolino von der Anwaltskanzlei Musolino und Dessel, die
die Herero vertritt, die Klage.


Die Unternehmen hätten eine »brutale Allianz mit dem kaiserlichen Deutschland«
geschlossen, die "schonungslos die Versklavung und genozidale Zerstörung des
Herero-Stammes" verfolgt hätte. Laut Kauma Riruako, dem obersten Häuptling der Herero, ist
die Klage von den erfolgreichen Klagen von ehemaligen NS-Zwangsarbeitern in den USA
gegen deutsche Firmen inspiriert worden.

Tatsächlich waren Deutsche Bank und Woermann-Linie direkt an der deutschen
Kolonialherrschaft im heutigen Namibia beteiligt. Um die Kupfervorkommen am Nordrand
des Herero-Gebietes ausbeuten zu können, baute die "Otavi-Minen-und
Eisenbahn-Gesellschaft" (OMEG) eine Eisenbahnlinie, die Otavibahn, quer durch das
Herero-Gebiet. "Hinter der OMEG steckte ein britisch-deutsches Konsortium. Zu den
Großaktionären zählten die Disconto-Gesellschaft, die Deutsche Bank und die Norddeutsche
Bank, in deren Aufsichtsrat der Hamburger Reeder und Afrikahändler Adolph Woermann
saß», erklärt Heiko Möhle, Autor des Buches «Branntwein, Bibeln und Bananen. Der
deutsche Kolonialismus - eine Spurensuche in und um Hamburg".

"Ich vernichte die aufständischen Stämme in Strömen von Blut und in
Strömen von Geld"

Das für die Bahnlinie notwendige Land mussten die Herero unentgeltlich abtreten, die
schwarze Bevölkerung wurde zum Eisenbahnbau herangezogen. Deutsche Siedler nahmen den
Einheimischen zudem Land und Vieh weg, vor Gericht wurde die schwarze Bevölkerung
benachteiligt. Als das führte schließlich dazu, dass die Herero am 12. Januar 1904 unter
ihrem Häuptling Samuel Maherero zu den Waffen griffen.

Nach anfänglichen Verlusten schlugen die deutschen Kolonialtruppen den Aufstand jedoch
erbarmungslos nieder, nachdem General Lothar von Trotha das Kommando übertragen
bekommen hatte. Die Woermann-Linie verdiente übrigens auch an der Niederschlagung des
Aufstandes gut, der doch durch ihre Politik mit verursacht war: Sie war es, die die deutschen
Militärtransporte nach Südwestafrika durchführte. Von Trotha ließ von Anfang an keine
Zweifel über sein Vorgehen entstehen. In den Akten des Reichskolonialamtes findet sich
folgende Aussage von ihm:





"Ich kenne genügend Stämme in Afrika. Sie gleichen sich alle in dem Gedankengang, dass
sie nur der Gewalt weichen. Diese Gewalt mit krassem Terrorismus und selbst mit
Grausamkeit auszuüben, war und ist meine Politik. Ich vernichte die aufständischen Stämme
in Strömen von Blut und in Strömen von Geld."






Die Herero wurden in die Wüste Omaheke getrieben, wo sie zu Tausenden verdursteten. In
einem Bericht des deutschen Generalstabes von 1906/07 heißt es:





"Die wasserlose Omaheke sollte vollenden, was die deutschen Waffen begonnen hatten: Die
Vernichtung des Hererovolkes. Die mit eiserner Strenge durchgeführte Absperrung des
Sandfeldes vollendete das Werk der Vernichtung... Das Strafgericht hatte sein Ende
gefunden. Die Herero hatten aufgehört, ein selbständiger Volksstamm zu sein."






Von Trotha stellte am 2. Oktober 1904 klar, dass es für die Herero keinen Ausweg aus der
Wüste gebe: "Innerhalb der deutschen Grenzen wird jeder Herero, mit oder ohne Gewehr, mit
oder ohne Vieh, erschossen. Ich nehme keine Weiber und Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem
Volke zurück oder lasse auf sie schießen." Da die Deutschen die Herero aber noch als
Arbeitskräfte brauchten, musste von Trotha die Massaker schließlich einstellen, die noch am
Leben gebliebenen Herero wurden in Konzentrationslager gebracht.

Wie die Deutschen in ihrer Kolonie gewütet hatten, wurde erst in den folgenden Jahren
deutlich. 1918 legte die britische Regierung dem Parlament einen Bericht vor, der unter
anderem die eidesstattliche Aussage von Jan Cloete enthält, der Fährtenleser bei der
deutschen Truppe gewesen war:





"Ich war dabei in Hamakari beim Waterberg, wo die Herero geschlagen wurden. Nach der
Schlacht wurden alle Männer, Frauen und Kinder, die in die Hände der Deutschen gefallen
waren, ob verwundet oder nicht, ohne Mitleid umgebracht. Die Deutschen verfolgten die
anderen. Alle Versprengten am Wege oder im Feld wurden niedergeschossen oder mit dem
Bajonett erstochen. Die große Mehrheit der Herero-Männer waren ohne Waffen und nicht
mehr fähig zu kämpfen. Sie versuchten nur noch, mit ihrem Vieh zu entkommen. "






Entschuldigung, aber keine Entschädigung

"Etwa 70% der Hererobevölkerung waren vernichtet worden. Dies ist eine Bilanz des ersten
deutschen Vernichtungskrieges", bilanziert Möhle. Trotzdem haben die verschiedenen
deutschen Regierungen Entschädigungszahlen immer abgelehnt. Jahrelang versuchten die
Herero, Deutschland auf außergerichtlichem Wege zu einer Anerkennung seiner Schuld zu
bewegen - vergeblich. 1995 lehnte Bundeskanzler Helmut Kohl bei einem Besuch in Namibia
ein Treffen mit Vertretern der Herero ab.

Bundespräsident Roman Herzog nahm 1998 in Namibia immerhin eine Petition der Herero
entgegen und befand, dass sich die Deutschen gegenüber den Herero "nicht korrekt
verhalten" hätten. Eine Entschädigung lehnte er aber ab, da die entsprechenden Bestimmungen
des Völkerrechts etwa zum Schutz der Zivilbevölkerung zur Zeit der Taten noch nicht
bestanden hätten. Auf der UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban im Jahr 2001 hat
sich deutsche Außenminister Joschka Fischer dann zwar allgemein für Sklaverei und
Ausbeutung durch Kolonialismus entschuldigt. An der Haltung der Bundesregierung zur
Entschädigung für die Herero änderte sich damit aber nichts.

Die Deutsche Bank will bisher nicht auf die Forderungen der Kläger eingehen. Gegenüber der
entwicklungspolitischen Zeitschrift afrika süd bezeichnete ein Sprecher der Bank den Fall
als »wenig justiziabel«. Das Ganze sei "eher eine politische denn eine rechtliche
Angelegenheit", so die Bank gegenüber BBC. Auch die namibische Regierung unterstützt die
Klage der Herero nicht und setzt lieber auf gute Beziehungen zu Deutschland. In Durban hatte
Namibia zwar die Forderungen nach Reparationen für Sklaverei und Kolonialismus
unterstützt, im Fall der Herero verweist sie aber auf die von der Bundesrepublik geleistete
Entwicklungshilfe bzw. die DDR-Unterstützung der Befreiungsbewegung South-West African
Peoples Organization (Swapo), die nach der Unabhängigkeit Namibias 1990 die Regierung
übernommen hat.
















Kommentare:
Zentralrat der Neandertaler (nein, 15.2.2003 9:02)
wenn schon denn schon (nein, 15.2.2003 9:00)
RE: Antwort für das Forum schreiben (Silece, 15.2.2003 6:37)
mehr...










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